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Brandenburg: Bundestag gegen Bombodrom Verteidigungsministerium muss nun reagieren

Wittstock/Potsdam - Der Bundestag hat sich gestern erstmals mit den Stimmen der großen Koalition und der FDP gegen die militärische Nutzung des Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock in Nordbrandenburg ausgesprochen. In seinem Beschluss hält das Parlament die Bedenken der Gegner des Luft-Bodenschießplatzes für „grundsätzlich berechtigt“.

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Wittstock/Potsdam - Der Bundestag hat sich gestern erstmals mit den Stimmen der großen Koalition und der FDP gegen die militärische Nutzung des Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock in Nordbrandenburg ausgesprochen. In seinem Beschluss hält das Parlament die Bedenken der Gegner des Luft-Bodenschießplatzes für „grundsätzlich berechtigt“. Vor zwei Wochen hatte bereits der Petitionsausschuss der Vorlage zugestimmt. Darin wird die besondere Rolle der Tourismuswirtschaft in der strukturschwachen Region hervorgehoben und auch auf die Kritik des Bundesrechnungshofes an den Plänen der Luftwaffe hingewiesen.

Nun wird die Petition der Gegner des sogenannten Bombodroms mit dem zweitstärksten Votum an das Bundesverteidigungsministerium überwiesen. Grüne und Linke hatten dagegen gestimmt, sie wollten das stärkste Votum erreichen.

Binnen sechs Wochen muss das Ministerium nun reagieren. Mit dem Beschluss wird es aufgefordert, „nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen“.

In Brandenburg wurde die Entscheidung des Bundestags mit Erleichterung aufgenommen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte: „Soweit waren wir noch nie!“ Das Votum habe „eine neue Qualität“. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) habe jetzt die beste Chance, aus der Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes auszusteigen. Benedikt Schirge, Sprecher der Bürgerinitiative Freie Heide, erklärte den PNN, nun habe das Verteidigungsministerium keinerlei Argumente mehr, die militärische Nutzung umzusetzen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, und seine brandenburgische Fraktionskollegin Cornelia Behm erklärten: „Das ist ein enormer Erfolg für die wohl breiteste Bürgerbewegung in Deutschland.“ Ostprignitz-Ruppins Landrat Christian Gilde (SPD) sagte.: „Das ist ein super Signal.“ Jetzt laufe die Zeit für Jung ab.

Der Beschluss geht zurück auf unzählige Petitionen der Bombodrom-Gegner, die seit 2003 dem Bundestag vorliegen. Erst 2007 gab es einen Vor-Ort-Termin in der Kyritz-Ruppiner Heide. Aber noch im Herbst vergangenen Jahres drohte ein völlig anderslautender Beschluss des Petitionsausschusses. Damals sollte der Bundestag die militärische Nutzung des 14000 Hektar großen Areals als sinnvoll erachten. Ein Umdenken hat das Bekanntwerden eines neuen Nutzungskonzepts der Luftwaffe bewirkt, wonach nicht nur insgesamt 8500 Tiefflüge, sondern auch das Zusammenspiel mit Bodentruppen auf dem Bombodrom geübt werden sollte. Hinzu kam das vernichtende Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG). In einem Berufungsverfahren untersagte das Gericht die Nutzung als Übungsplatz – weil die Bundeswehr gravierende Fehler im Planverfahren gemacht und betroffene Anwohner nur unzureichend angehört hatte.

Nun warten die Bombodrom-Gegner auf den 13. Juli, noch am Tag zuvor, einem Sonntag, ruft die Freie Heide zu einer Protestwanderung auf. Jedenfalls läuft an dem Montag darauf die Frist für das Verteidigungsministerium ab, um gegen das Urteil in Revision zu gehen und vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu ziehen. Ein Ministeriumssprecher erklärte gestern, man prüfe das Urteil noch. In den vergangenen Wochen deuteten aber alle Zeichen von Verteidigungspolitikern der Großen Koalition auf ein Aus für das Bombodrom. Alexander Fröhlich

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