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Hoffnung Solarenergie. 2014 gab Regierungschef Woidke den Produktionsstart beim Solarmodulbauer Astroenergy in Frankfurt (Oder). Nun will er das Mutterunternehmen in China besuchen.

© dpa

Brandenburg: Chancen und Risiken in China

Regierungsreise mit Unternehmern: Wachstumspotenzial lockt mehr als Wirtschaftsspionage abschreckt

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Potsdam - Über Jahre dauerte es, diese Technologie zu entwickeln, doch noch immer warten alle Experten auf den entscheidenden Durchbruch der Speichertechnologie für erneuerbare Energie. Immerhin speist das weltweit erste Hybridkraftwerk im uckermärkischen Prenzlau seit Ende 2014 Wasserstoff, erzeugt mittels Windstrom, in das Erdgasnetz ein. Nun hat sogar China Interesse an der Technologie.

Unterschriftsreife Verträge über die erste Ausbaustufe im Umfang von sechs Millionen Euro sollen bereits in der kommenden Wochen vorliegen, genau dann, wenn Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), wie zuvor viermal seine Amtsvorhänger, mit 40 Begleitern aus 28 Brandenburger Unternehmer in China weilt. Das Wildauer Energie-Unternehmen McPhy Energy ist gemeinsam mit dem Unternehmen Encon.Europe am Bau eines Hybridkraftwerkes zur Speicherung von Windenergie in der Provinz Hebei beteiligt. Das Kraftwerk wird nach Angaben der Staatskanzlei zwar deutlich größer sein als jenes in der Uckermark, basiert aber auf der gleichen Technologie. „Damit wird deutlich, dass China beim Umbau der Energieerzeugung hin zu mehr erneuerbaren Energien auch auf Brandenburger Know-how setzt“, heißt es in einer Mitteilung des Staatskanzlei. Brandenburg könne als Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit Erfahrungen punkten, sagte Woidke am Mittwoch.

Immerhin wird die Technologie nicht einfach kopiert, China bezahlt dafür – und könnte damit Deutschland bald, wie auch auf anderen Feldern wie Solaranlagen, bald überholen. Aber Vorsicht ist bei China geboten, davor warnen deutsche Sicherheitsbehörden seit Jahren. Bereits im Vorfeld wurden deshalb die Unternehmer, die Woidke auf der Reise begleiten, von der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) auf die Gefahren der Wirtschaftsspionage hingewiesen, konkret durch einen auf das Chinageschäft spezialisierten Rechtsanwalt.

Im seinem jüngsten Bericht warnt der brandenburgische Verfassungsschutz eindringlich vor Wirtschaftsspionage durch China. „Zu den Hauptakteuren zählen nach wie vor die Russische Föderation und die Volksrepublik China“, heißt es in dem Bericht. China verfüge über leistungsfähige Nachrichtendienste, die sich neben den „klassischen“ Aufklärungszielen „auch der Beschaffung von wirtschaftlichwissenschaftlichen Know-how widmen“.

Angst davor, dass Technologien in China kopiert werden, hat Edmund Ahlers, Geschäftsführer der AneCom AeroTest aus Wildau, aber nicht. „Ich bin relativ entspannt“, sagte er. Das Produkt seiner Firma sei zu kompliziert. Er erwartet weitere Kunden im Flugzeugbau und der Gasturbinenindustrie. „20 bis 25 Prozent unserer Geschäfte machen wir bereits mit China“, sagte er.

Andere Erfahrungen machte Peter Heilmann, Chef des Eberswalder IT-Spezialist arxes-tolina, der Prüfsysteme für Radsatzwellen von Hochgeschwindigkeitszielen anbietet und bereits Niederlassungen in Schanghai und Peking unterhält. Die erste Version des Systems wurde von den Chinesen illegal kopiert. Weil Heilmann aber eine zweite, bessere Version auf den Markt brachte, ist in China nun beides auf dem Markt und verkauft sich – die Kopie und die Update-Version aus Eberswalde. „Man muss sich trotzdem dem Markt stellen und immer ein bisschen besser sein “, sagte Heilmann.

Warum Brandenburgs Landesregierung trotz der Spionage- und Kopiergefahr nun ihre China-Reise eigens besonders bewirbt, erklärte ZAB–Sprecher Alexander Gallrein: Man müsse um die Gefahren wissen und sich darauf einstellen. „Man darf sich davon aber nicht lähmen lassen, denn China ist ein Wachstumsmarkt, auch für Brandenburg.“

Die konkrete Bedeutung des chinesischen Marktes für Brandenburg blieb am Mittwoch unklar. Die ZAB lieferte am nur allgemeine Zahlen, die ein Exportwachstum nach China belegen. Brandenburger Unternehmen, vor allem der Maschinenbau, exportierten demnach 2014 Waren im Gesamtwert von 237 Millionen Euro nach China, 18 Millionen Euro mehr als 2013. Die aktuelle Exportrate, also den Anteil Chinas an der Brandenburgs gesamten Exporten, ließ sich nicht ermitteln. Die jüngsten Zahlen des Landesstatistikamtes wiesen für das Jahr eine Exportrate nach China von 1,6 Prozent an den Gesamtausfuhren Brandenburgs aus. Zudem hat Brandenburg zu China ein Handelsdefizit: Der Import aus China nach Brandenburg lag 2014 bei 612 Millionen Euro.

Die siebentägige Reise, die am Freitag startet, solle denn auch als „Türöffner gegenseitige Kontakte weiter fördern“, sagte Woidke. Die Wirtschaftsbeziehungen sollten weiter ausgebaut werden. Stationen der Reise sind die Industriemetropole Shanghai, die ostchinesische Stadt Hangzhou, die Hauptstadt Peking sowie die Provinz Hebei, mit der Brandenburg eine langjährige, fruchtbare Zusammenarbeit verbinde. Bei den Gesprächen mit hochrangigen Vertretern aus Politik und Wirtschaft gehe es vorrangig um den Ausbau der Zusammenarbeit auf den Gebieten erneuerbare Energien und Umweltwirtschaft sowie Wissenschaft und Forschung. In Hebei soll zudem eine Partnerschaftserklärung zwischen Brandenburg und der Provinz in Chinas Hauptstadtregion unterzeichnet werden. Alexander Fröhlich

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