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Brandenburg: Charité will Ex-Stasi-Major überprüfen

Ehrenkommission soll Einstellung eines ehemaligen Verhöroffiziers prüfen

Ehrenkommission soll Einstellung eines ehemaligen Verhöroffiziers prüfen Berlin - Zu Protesten hat die Verpflichtung eines ehemaligen Majors des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit durch die Charité geführt. Wie erst jetzt bekannt wurde, arbeitet der Mann dort seit Jahresbeginn als Bereichsleiter. Opferverbände, aber auch der Berliner Stasi-Beauftragte kritisierten das Vorgehen der Klinikleitung. „Wir lassen uns berichten“, sagte der Sprecher der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Torsten Wöhlert, am Freitag. Als öffentliche Körperschaft unterstehe die Charité zwar der Fach- und Rechtsaufsicht der Senatsverwaltung, doch entscheide der Vorstand über Einstellungen autonom. Die routinemäßige Anfrage bei der Stasi-Unterlagenbehörde habe keine Hinweise auf eine persönliche Verstrickung oder Schuld des Betreffenden ergeben, erklärte der Charité-Vorstandsvorsitzende Detlev Ganten. Bei seinem Bewerbungsgespräch habe der Mann alles offen gelegt. Eine offizielle Funktion im System der DDR dürfe in der heutigen Zeit nicht mehr allein dazu führen, dass eine Einstellung abgelehnt werde. Von 15 Bewerbern sei der Ex-Major der geeignetste Kandidat für den Leitungsposten gewesen. „Wir vertrauen ihm und stehen zu der Entscheidung“, sagte Ganten. Anders als in Sachsen, wo das Beamtengesetz die Einstellung von Stasimitarbeitern ausschließt, gilt in Berlin auch für leitende Beamte und Angestellte die Einzelfallprüfung. Nur wer eine Stasi-Tätigkeit verschweigt, ist von vornherein disqualifiziert. Ansonsten wird zwischen dem Grad der Verstrickung und der vorgesehenen Funktion im öffentlichen Dienst abgewogen. „Das ist eine Art von Vergangenheitsbewältigung, die ich erschreckend finde“, sagte die Geschäftsführerin der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Anne Kaminsky. Gerade angesichts der rigiden Praxis, die in den 90er Jahren kleinen Zuträgern der Stasi gegolten habe, sei das Verhalten der Charité „nicht nachvollziehbar“. Ausgesprochen „zynisch“ sei die Aussage, dass der Ex-Stasi-Major aufgrund seiner früheren Tätigkeit Führungskompetenz besitze. Man nehme die Proteste ernst, sagte Charité-Chef Gantes. „Wir werden wieder eine Ehrenkommission einsetzen, die den Fall noch einmal prüft“. Ingo Bach / Rainer W. During

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