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„Das Gespräch fand in guter Atmosphäre statt“: SPD und BSW in Brandenburg wollen weiter sondieren
In Brandenburg tasten sich SPD und BSW ab, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Weitere Gespräche sollen folgen. Für die SPD steht viel auf dem Spiel.
Stand:
Kein Eklat, kein Abbruch, aber auch keine Auskünfte. Die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht wollen die Gespräche fortsetzen, um die Bildung einer gemeinsamen Regierung in Brandenburg auszuloten. Das ist das Ergebnis des ersten Sondierungstreffens beider Parteien, das am Mittwoch in Potsdam stattfand.
„Das Gespräch fand in guter Atmosphäre statt. Es wurde eine Fortsetzung miteinander vereinbart“, heißt es in einer gleichlautenden, dürren Pressemitteilung, die Brandenburgs SPD-Generalsekretär David Kolesnyk und der BSW-Landesverband am Nachmittag verschickten. Rot und Lila versuchen also weiter ihr Glück.
Beide Seiten machen dabei nach Außen die Schotten dicht, wollten keine weiteren Aussagen zu Inhalten, Fahrplan, Terminen machen: „Im Übrigen wurde Stillschweigen bis zum Abschluss der Sondierungen vereinbart“, hieß es. BSW-Landeschef Robert Crumbach, bislang für offene Kommunikation bekannt, verwies auf die gemeinsame Pressemitteilung: „Bitte haben Sie dafür Verständnis!“
Doch indirekt geht aus dieser Erklärung zumindest hervor, dass auch das BSW bereit ist, ernsthaft eine Regierungsbeteiligung auszuloten. Der Schlüsselsatz lautet: „Beide Seiten sind sich der Verantwortung bewusst, die nach dem Votum der Wählerinnen und Wähler für Brandenburg besteht.“
Beide Seiten sind sich der Verantwortung bewusst, die nach dem Votum der Wählerinnen und Wähler für Brandenburg besteht.
Gemeinsame Erklärung von SPD und BSW in Brandenburg
Tatsächlich ist die politische Lage diffizil – und mit Ausnahme der SPD-Alleinregierung (1994 bis 1999) ein Novum seit 1990. Nach dem Ausgang der Landtagswahl am 22. September ist ein Bündnis aus SPD und der Wagenknecht-Partei die einzige Möglichkeit, ohne Einbeziehung der teils rechtsextremen AfD eine Regierung mit einer eigenen Landtagsmehrheit zu bilden. Andere Koalitionsoptionen gibt es nicht.
SPD und BSW hätten zusammen 46 Sitze, auch nur einen Sitz mehr als nötig. Allerdings ist das junge, von der Ex-Linken Sahra Wagenknecht gegründete BSW, das im nächsten Jahr bei der Bundestagswahl antreten will, bisher allein als Protestpartei erfolgreich. Bei der Landtagswahl hatte das BSW, in Brandenburg vom Ex-Sozialdemokraten Robert Crumbach geführt, auf Anhieb 13,5 Prozent und damit 14 Mandate erreicht.
Scheitern die Gespräche, bleibt nur die Minderheitsregierung
Sollten die Gespräche zwischen SPD und BSW in Brandenburg scheitern, bliebe der SPD unter Woidke trotz des Wahlsieges nur eine Minderheitsregierung. Und zwar entweder allein oder gemeinsam mit der CDU, die allerdings jedwede Gespräche über eine Regierungsbeteiligung abgelehnt hat. Mit der AfD, die knapp hinter SPD zweitstärkste Kraft wurde, will wegen ihres teils rechtsextremen Profils niemand koalieren.
Also Rot-Lila, ein Versuch. Die Sondierung der beiden je fünfköpfigen Teams, zu der die SPD ins Regine-Hildebrandt-Haus geladen hatte, dauerte knapp zwei Stunden. Zwar sollte es vor allem ein „Kennenlerngespräch“ werden. Doch es ging auch schon zur Sache.
Im Vorfeld hatten sich die eigentlichen Köpfe, Woidke und Parteigründerin Sahra Wagenknecht, auf Einladung Wagenknechts in Berlin getroffen. Das BSW ist nicht nur in Brandenburg, sondern auch in Sachsen und Thüringen in der Königsmacher-Rolle. Wagenknecht hat bereits Forderungen für eine etwaige Regierungsbeteiligung in allen drei Ost-Ländern aufgemacht, darunter eine klare Positionierung gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und ein „Corona-Amnestie-Gesetz“.
Für das BSW, das in Brandenburg bisher nur knapp 40 Mitglieder hat, wäre eine Regierungsbeteiligung in jeder Hinsicht eine Herausforderung. Die Palette reicht vom nötigen Personal für Ministeriumsspitzen bis zur Formierung einer schlagkräftigen geschlossenen Fraktion, in der alle einen Regierungskurs mittragen müssten. Von den vierzehn Abgeordneten, darunter viele Ex-Linke, sind aber viele zum BSW gerade wegen deren Oppositionsprofils gekommen.
Im Landtag gilt das freie Mandat, wonach Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Crumbach und die anderen Mitglieder des BSW-Verhandlungsteams sind daher gefordert, die Fraktion vom ersten Tag bei den Sondierungen mitzunehmen. Auch das ist eine Erklärung, weshalb das BSW das große Schweigen mitmacht.
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