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Unter Linke-Genossen: Justizminister Stefan Ludwig und seine frühere Mitarbeiterin Angela Laugsch.

© dpa/promo

Brandenburg: Gehaltsaffäre von Justizminister Ludwig: „Das hätte er sich sparen können“

Die frühere Wahlkreismitarbeiterin von Justizminister Stefan Ludwig erwartet nach der Gehaltsaffäre von ihm nur noch eines – nichts. Seine öffentliche Entschuldigung hält sie für unpassend, weil er nicht dahinter steht. In der Linkspartei brodelt es.

Stand:

Potsdam/Königs Wusterhausen - Er rief am Freitag an bei Angela Laugsch, seiner Parteigenossin und früheren Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro. Es war der Tag nach der öffentlich verbreiteten Erklärung, die Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) nach einem Machtwort von Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) und auf Druck der Linke-Landesspitze zur Gehaltsaffäre abgeben musste. Die Alternative: Rausschmiss aus der Regierung. – Zitat: Es „war ein Fehler, der mir außerordentlich leid tut“, „um Entschuldigung bitten“, „dass ein Minister in einer solchen Frage anders agieren muss“.

Gleich zwei Mal klingelte Ludwig am Freitag bei Angela Laugsch an, jener Frau, die sich seit Jahren für die Partei aufreibt. 60 Jahre ist sie alt, schwerbehindert, ohne Anspruch auf Hartz IV, ihr Mann bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Mehr als 500 Euro pro Monat bekam sie durch den Job bei Ludwig. Als der im April Justizminister wurde, gab er Anfang Juni wegen der Parteivorgaben sein Landtagsmandat ab. Er kündigte seiner Mitarbeiterin, ohne die Fristen zu beachten. Er verweigerte die dreimonatige Lohnfortzahlung, bei Angela Laugsch sind das 1500 Euro. Der Justizminister sah den Landtag in der Pflicht, obwohl die Rechtslage eindeutig ist.

Ex-Mitarbeiterin: Es gab keine Entschuldigung bei mir

Von einer persönlichen Entschuldigung aber hörte Angela Laugsch am Freitag nichts. Ludwig habe nur gesagt, dass es ihm leid tue, weil alles so lange gedauert habe. Und dass man das hätte alles früher bereden müssen. Angela Laugsch fühlte sich fast veralbert: „Ich habe vor meiner Klage vor dem Arbeitsgericht Cottbus 20 E-Mails geschrieben, mein Anwalt bot Gespräche über eine Einigung an. Er reagierte aber einfach nicht“, sagt sie. „So etwas habe ich noch nicht erlebt, das macht man nicht.“

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Angela Laugsch ist am Freitag noch immer aufgebracht: „Ich habe die Faxen dicke. Es gab keine Entschuldigung.“ Ludwig habe ihr auch gesagt, dass es weiter unterschiedliche Auffassungen gebe, wer denn das ausstehende Gehalt zahlen müsse – Ludwig oder der Landtag. Die öffentliche Erklärung ist für Angela Laugsch daher nichts wert. Darin hatte der Justizminister erklärt, er werde nun doch nicht gegen den Landtag klagen.

Die Klage gegen Ludwig bleibt - bis das Geld da ist

„Das ist alles zu spät, das ist nur noch peinlich“, sagte Laugsch. „Eine Entschuldigung, hinter der man nicht steht, kann man sich sparen. Ich bin maßlos enttäuscht.“ Ihre Klage erhalte sie aufrecht, bis das Geld, das ihr zusteht, da ist.

Überdies blieb Ludwig offenbar bei seiner Darstellung, er gehe in Vorleistung. Jedenfalls sagte er das Laugsch, wie diese dem parteinahen Blatt  "Neues Deutschland" (ND) erklärte. Als die Affäre zu Wochenbeginn eskalierte und noch vor Woidkes Machtwort hatte Ludwig versucht, sich mit genau mit dieser Aussage zu retten, die jedoch nicht zutraf: Dass er angeblich in Vorleistung gehe. Damit sagte der Minister die Unwahrheit.

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Tatsächlich sah sein Vorschlag an den Landtag vor, dass der Landtag zahlt und die Summe dann von Ludwig zurückfordert. Dann wollte der Justizminister gegen das Landesparlament klagen. Die Klageankündigung nahm Ludwig nach einem Termin bei Woidke am Donnerstagvormittag zurück. Offenbar halbherzig. Laut ND hat der Landtag die Auszahlung an Laugsch und zwei weitere frühere Mitarbeiter am Donnerstag angewiesen. Gegenüber der Landtagsverwaltung hat Ludwig aber keine neue formale Erklärung abgegeben oder eine neue Vereinbarung getroffen. Der Landtag geht weiter in Vorleistung. Ludwigs unterwürfige Erklärung nach Woidkes Eingreifen änderte faktisch nichts.

In interner Runde sagte Ludwig: Er sei enttäuscht von Ex-Mitarbeiterin

Auch in der Justiz und im Ministerium verliert Ludwig an Rückhalt und Achtung. Dabei hoffte man, mit ihm würde das Ressort nach zwei Linke-Ministern, die scheiterten, von Nummer drei nun in ruhige Fahrwasser gelenkt. Doch selbst im Ministerium, wo Ludwig nach den ersten Berichten über einen drohenden Prozess gegen ihn vor dem Arbeitsgericht gewarnt wurde, soll Ludwig am Montag nach PNN-Informationen in interner Runde darauf beharrt haben, dass er bis vor das Landesarbeitsgericht ziehen werde. Und der Minister soll gesagt haben: Er sei er von seiner früheren Mitarbeiterin sehr enttäuscht.

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Dabei war Ludwg selbst von seiner Partei über Monate und Wochen ermahnt worden, das Problem aus der Welt zu schaffen. Schon im Sommer hätte die Partei dem Genossen bestimmt geholfen, heißt es intern. Hätte Ludwig doch nur Rücksprache mit der Partei gehalten, wäre ihm finanziell geholfen worden oder er hätte für die längere Kündigungsfrist der Mitarbeiter sein Mandat sicherlich noch etwas behalten können. Dann wäre die Zahlung durch den Landtag weiter gelaufen. So wie es die bestehenden Regeln des Landtags vorsehen: Die Zahlung der Pauschale für Wahlkreismitarbeiter endet zum Monatsende des Mandatsverzichts, der Bundestag dagegen zahlt einige Monate weiter. Die Genossen hatten ihm sogar noch zu Wochenbeginn erneut angeboten, ihm bei den Kosten für alle drei Mitarbeiter – es geht um 8000 Euro – kurzfristig auszuhelfen. Doch Ludwig blieb weiter stur, zeigte sich uneinsichtig - und risikierte seinen MInisterjob.

Linke-Genossen beklagen wegen Ludwigs Gehaltsaffäre negatives Gesamtbild der Partei

Bei der Linken ist nach der Affäre nun die Sorge vor Zerreißproben groß. Insbesondere an der Basis herrscht massiver Unmut. Die Linke-Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre etwa erklärte, verständlicherweise gebe es in der Öffentlichkeit ein "sehr negatives Gesamtbild" von der Landespartei. "Ich finde das nicht nur schade, es ärgert mich, weil wir jeden Tag als Paretei dafür kämpfen, soziale Benachteiligungen zu überwinden."

Für die Landesvertreterversammlung zur Wahl der Kandidatenliste für den Bundestag am heutigen Samstag wird nach Ludwigs Gehaltsaffäre  mit dem Schlimmsten gerechnet. Die Parteitagsregie spielt bereits Szenarien durch, ungeplante Wutreden werden nicht mehr ausgeschlossen. Zumal sich auch der Potsdamer Bundestagsabgeordnete Norbert Müller um Platz vier der Landesliste bewirbt. Er, der sich über die Maßen mit den Karossen des Bundestagsfahrdienstes für private Zwecke kutschieren ließ. Von den Affären – Füller, Dienstwagen, Fahrtkosten – anderer Linke-Politiker mal ganz abgesehen.

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