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Zu hohe Arbeitsbelastung macht Arbeitnehmer immer häufiger krank.

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Stressreport: Dauerbelastung im Job macht öfter krank

Zeitdruck und ständige Unterbrechungen bei der Arbeit sind zum Dauerstress geworden. Psychisch bedingte Krankschreibungen nehmen zu. Der Stress kostet viel Geld. Dennoch können sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht auf Gegenstrategien einigen.

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Der hohe Arbeitsstress in allen Branchen kostet die Wirtschaft pro Jahr zehn Milliarden Euro. Psychische Belastungen sind die Hauptursache dafür, dass Arbeitnehmer vorzeitig Rente beantragen müssen (42 Prozent). Das sind zwei Zahlen zum "Stressreport Deutschland 2012", der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Er kommt zu dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Arbeitnehmer die Dauerbelastungen durch Zeitdruck, ständige Unterbrechungen der Arbeit, Multitasking und Monotonie zunehmend schlechter verkraftet.

Wie berichtet haben im Land Brandenburg überdurchschnittlich viele Erwerbstätige ein Alkoholproblem. Das ging aus dem jüngsten Gesundheitsreports der Barmer Ersatzkasse für das Land Brandenburg hervor. Nach Auswertung der Barmer-Daten weist das Land außerdem den bundesweit höchsten Krankenstand auf. Zwar sei der Anteil derer, die aufgrund von Alkoholproblemen krank geschrieben seien, im Vergleich zu denen, die aufgrund anderer Ursachen fehlten, gering. Doch sei die Sucht nicht selten Auslöser für andere attestierte Beschwerden oder Unpässlichkeiten und werde somit statistisch gar nicht erfasst, gab der Landesgeschäftsführer der Barmer Brandenburg, Hermann Schmitt, am Dienstag zu bedenken.

Dem jetzt vorgelegten Stressreport zufolge müssen 58 Prozent der Arbeitnehmer dauernd mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, jeder Zweite steht unter starkem Zeit- und Termindruck. 44 Prozent werden ständig unterbrochen, etwa durch E-Mails und Telefonate. Als belastend empfinden den Zeitdruck aber nur 34 Prozent der Befragten, die Arbeitsunterbrechungen jeder Vierte. Jeder Zweite empfindet ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge als belastend. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die den Report erstellt, sind die psychischen Anforderungen und Belastungen seit 2006 unverändert.

Ausgleichend wirkt die zu 88 Prozent als gut empfundene Zusammenarbeit im Betrieb und die Hilfe von Kollegen (80 Prozent). Fast 70 Prozent der Arbeitnehmer können sich ihre Arbeit zumindest in Grenzen einteilen, fast 60 Prozent fühlen sich vom Chef unterstützt. Diese Faktoren sorgen dafür, dass der Stress unterschiedlich stark empfunden wird und nicht zwangsläufig zu Krankheiten führt.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bilanzierte bei der Vorstellung des Reports, eine Folge des Drucks seien allein 2011 bundesweit 59 Millionen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen. Das Thema psychischer Arbeitsschutz müsse aus der Tabuzone herausgeholt werden. Von der Leyen bedauerte, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften sich nicht auf eine gemeinsame Strategie gegen zuviel Stress am Arbeitsplatz verständigen konnten. Eine "Anti-Stress-Verordnung" sei aber nur sinnvoll, wenn die Inhalte geklärt seien.

Zuvor waren die Verhandlungen über eine gemeinsame "Erklärung zur psychischen Gesundheit bei der Arbeit" zwischen Arbeitgebern, den Gewerkschaften und dem Bund gescheitert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die IG Metall machten dafür die Arbeitgeber verantwortlich. Sie hätten auf der Zielgeraden einen Rückzieher gemacht, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Notwendig seien klare Regeln und Sanktionen für Unternehmen, die dagegen verstoßen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt erklärte, man habe in vielen Punkten Einigkeit erzielt, insbesondere in Hinblick auf Verbesserungen am Arbeitsplatz. Die Gewerkschaften wollten aber eine neue Rechtsverordnung, während die Arbeitgeber dies für unnötig hielten. Man werde die Gespräche fortsetzen. Zum Stressreport sagte Hundt, psychische Störungen aufgrund von Arbeitsbelastungen hätten nicht zugenommen, würden aber häufiger diagnostiziert.

Der Stressreport wird von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erstellt. Er basiert auf einer repräsentativen Befragung von rund 17.600 Erwerbstätigen aus allen Branchen. Die Präsidentin der Bundesanstalt, Isabel Rothe, betonte, die Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz seien bis 2006 stark gestiegen und seitdem auf hohem Niveau konstant. In der Zunahme der Beschwerden mache sich vor allem die Dauer der Belastung bemerkbar. Dies gelte für Arbeiter ebenso wie für Akademiker. (epd)

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