Klimaschutz in Brandenburg: Debatte um Kohleausstieg: Görke bremst seine Genossen
Linke-Landeschef schaltet sich in Klimadebatte ein - und warnt in der Diskussion um die Aufweichung der Klimaschutzziele Schnellschüssen. Die Bundespartei macht Druck.
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Potsdam - Brandenburgs Linke-Parteichef Christian Görke hat in der Debatte um die Aufweichung der Klimaschutzziele vor Schnellschüssen gewarnt. Zugleich bremste er die Spitze der Landtagsfraktion um deren Chef Ralf Christoffers wegen drohender Glaubwürdigkeitsverluste bei der bevorstehenden Bundestagswahl – wohl auch, weil Bundesparteichefin Katja Kipping intervenierte. Christoffers hatte gemeinsam mit dem Linke-Wirtschaftsexperten Matthias Loehr und dem parlamentarischen Geschäftsführer Thomas Domres in einem Vermerk zur Energiestrategie ein „Aufweichen des Klimaziels“ angekündigt. Der Vermerk war von der Landesparteizentrale verschickt worden – als Argumentationslinie für den Schwenk in der Klimapolitik.
„Energie- und Klimapolitik wird in meiner Partei traditionell heiß diskutiert“, sagte Görke, der auch Vize-Regierungschef in der rot-roten Koalition und Finanzminister ist, nun. „Einen Schnellschuss wird es auch in diesem Fall mit uns nicht geben.“ Er gehe davon aus, dass auch die Evaluation der 2012 von der Landesregierungen beschlossenen Energiestrategie bei den Brandenburger Linken intensiv diskutiert werde. „Dafür werden wir uns die Zeit zur Diskussion nehmen, die notwendig ist“, erklärte Görke.
Leag will dreckiges Braunkohlekraftwerk Jänschwalde länger betreiben
Die Spitze der Landtagsfraktion dagegen folgte mit ihrem Vermerk der Ansage von Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), der die Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes (CO2) an die Pläne des Bergbaubetreibers anpassen will. Grundlage ist eine Studie des Instituts Prognos. Statt den CO2-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um 72 Prozent auf 25 Millionen Tonnen zu senken, soll es laut Gerber nur noch eine Reduzierung um 55 bis 62 Prozent auf dann rund 41 Millionen Tonnen pro Jahr sein. Die Folge: „Deutsche Klimaziele werden verfehlt.“ So steht es im Evaluationsbericht von Prognos. Grund für das Abrücken von den bisherigen Zielen sind die Pläne des Bergbaubetreibers Leag. Der will das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde, eines der dreckigsten in Europa, bis 2033 und damit länger als bisher geplant betreiben.
Während die Spitze der Landtagsfraktion um Christoffers, der bis 2014 selbst Wirtschaftsminister war, bereits auf die Linie von Gerber eingeschwenkt ist, mahnt der Landesparteichef nun, Maßstab für die Debatte sei der Koalitionsvertrag, in den die Linke selbst 2014 das strenge Klimaziel hineinverhandelt hat. Zugleich stufte Görke die Bedeutung des Vermerks der Fraktionsspitze herunter. Die Partei werde sich „die Fakten, Papiere und Wortmeldungen in Ruhe ansehen“. Und während Christoffers, Loehr und Domres das „Aufweichen des Klimaziels“ mit „veränderten Rahmenbedingungen“ begründen, wies der Landesparteichef seine Genossen zurecht: „Politik muss mehr als nur die Rahmenbedingungen zur Kenntnis nehmen. Verantwortungsvolle Politik ist dazu da, die erforderlichen Veränderungen zu ermöglichen.“ Die Debatte über die Neuausrichtung der Energiestrategie, die vom Kabinett neu beschlossen werden muss, werde erst abgeschlossen, wenn die Weichenstellungen nach der Bundestagswahl klar seien, kündigte Görke an.
Linke-Chefin Kipping: Beim Klimaschutz klotzen und nicht kleckern
Ärger bekam Brandenburgs Linke mit der Bundespartei. Parteichefin Kipping sagte: „Klimaschutz ist eine der zentralen Zukunftsaufgaben. Und wer jetzt den Eindruck erweckt, dass man da schwanken und etwas zurückgehen kann, der versündigt sich an den Generationen unserer Kinder und Enkel.“ Es gelte, beim Klimaschutz zu klotzen und nicht zu kleckern. Ihr Ziel ist der Kohleausstieg bis 2035, die Brandenburger Genossen peilen 2040 an. Wie berichtet fordert die Bundespartei ein „nationales Kohleausstiegsprogramm“ nach Vorbild des Atomausstiegs und die „Abschaltung der schmutzigsten Kohlekraftwerke“ bis 2020.
Auch die Landtagsabgeordnete Anita Tack meldete sich zu Wort. Sie war bis 2014 Umweltministerin der Linken in Potsdam und bei der Klimapolitik die ärgste Rivalin von Christoffers im Kabinett. Eine Abkehr von den bisherigen Zielen lehnt Tack rigoros ab. Die Fraktion werde sich erst nach der Sommerpause mit dem Vermerk befassen, einem Papier „von drei Abgeordneten“, wie es aus der Landesparteizentrale hieß. Tack selbst war 2012 maßgeblich daran beteiligt, dass das Reduktionsziel von 72 Prozent in der Energiestrategie blieb. Diese Vorgabe sei weiterhin machbar, so Tack. Wenn sich die Bedingungen geändert haben, könne an mehreren Stellschrauben wie Verkehr und energetischer Sanierung nachgesteuert werden. Zudem müsse die Bundesregierung, die das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet habe, die Bundesländer mehr unterstützen, um die Klimaziele zu erreichen.
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