Brandenburgs CDU nach der Wahl: Der gestutzte Adler
Der Tag danach: Fast hätte Regierungschef Woidke gar nichts gesagt – dann sagte CDU-Chef Schierack, dass er ab 2014 regieren will
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Noch klingt es etwas holprig. Aber die Worte von Michael Schierack hallen nach. „Ich sage in aller Demut, in aller Behutsamkeit: Ich habe den Anspruch, das Land zu regieren“, sagte Brandenburgs CDU-Landeschef am Montag in Potsdam. So hat Schierack am Tag nach dem Wahlsieg der Union bei der Bundestagswahl das Ziel für die Landtagswahl 2014 formuliert – mit ihm als Spitzenkandidaten. Mache die CDU „weiter gut und entschlossen Politik“, sei der Wechsel vorstellbar. „Es ändert sich etwas in Brandenburg. Nach dieser Wahl ist es nicht mehr, wie es früher war.“
Und der so Herausgeforderte, selbst erst drei Wochen im Amt, mit einer Niederlage, die auch seine ist? SPD-Ministerpräsident Dietmar Wodike trat – wie am Wahlabend, wo er zu Hause war – auch am Montag nicht öffentlich in Potsdam auf. Er überließ das Feld anderen, kam weder zur Pressekonferenz mit den Parteichefs am Morgen in die Staatskanzlei noch mittags zu der seiner Landes-SPD; begründet wurde das mit Gremiensitzungen in Berlin. Die designierte SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz analysierte auf der Pressekonferenz allein die bisher größte Niederlage in der Geschichte der Landes-SPD bei einer Bundestags-, Landtags- oder Kommunalwahl überhaupt. Zwar mühte sich Geywitz, ausschließlich den durchschlagenden Bundestrend verantwortlich zu machen, bei dem Brandenburgs SPD in den ostdeutschen Ländern mit 23 Prozent der Zweitstimmen und dem von Frank-Walter Steinmeier geholten einzigen Direktmandat sogar noch am besten abgeschnitten habe. „Die Kanzlerin ist wie ein Staubsauger durch Ostdeutschland gezogen und hat alles, was nicht niet- und nagelfest war, für die CDU aufgesaugt“, sagte sie.
Doch ausgerechnet in Brandenburg, das unter den Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck fast als uneinnehmbar galt, hatte die SPD auch nichts dagegenzusetzen. Dabei hatte hier die SPD 1994, 1998, 2002, 2005 noch alle Direktmandate geholt, 2009 dann den Verlust von vier Mandaten an die Linke, eins an die CDU, als „Betriebsunfall“ verbucht. Die Landtagswahl am gleichen Tag gewann Platzeck ja. Auch jetzt betonte Geywitz, dass „der Wähler im Land“, wie der Gewinn bei der Landratswahl am Sonntag in Märkisch-Oderland belege, „sehr differenziert“ wählt. Und dass es schon deshalb keinen Zusammenhang zum jüngsten Wechsel, und auch nicht zur Landtagswahl 2014 gebe.
Nur dass Woidke nicht Platzeck ist und dass das Wahlvolk auch jetzt differenziere, wie sich in Details zeigt: Die CDU holte im Land mehr Erststimmen für die Direktkandidaten (35,6) als Zweitstimmen für Merkel (34,8), was mit überzeugenderem Personal wie in Oberhavel mit dem Spargelbauern Uwe Feiler und mit Überdrüssigkeit gegenüber SPD-Altgedienten zusammenhängen kann. Hinzu kamen im Wahlkampf Fehler und Fehleinschätzungen, noch unter der Ägide des früheren Generalsekretärs und jetzigen Fraktionschefs Klaus Ness. Während Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bis auf zwei Auftritte vorsorglich aus der Mark ferngehalten wurde, legten sich auf Veranstaltungen vor allem Platzeck und Woidke ins Zeug – vergeblich. Der „Platzeck-Effekt“ ist weg, er wirkte bei dieser Wahl nicht nach, und ein „Woidke“-Effekt ist bisher nicht da.
Nachdem jahrelang aus Potsdam eher die SPD im Bund verspottet wurde, schnitt die nun besser ab als der Landesverband. Bei dieser Wahl, die Brandenburgs SPD das Fürchten lehrte, wirkte auch ein Faktor, der mit der Entwicklung des Landes zu tun hat. Er findet sich in der Analyse des Landeswahlleiters: „Je höher der Einwohnerrückgang, desto schlechter schnitten die Sozialdemokraten ab.“ Sie sind dabei, die Randregionen zu verlieren. Ein alarmierender Befund für die Genossen.
Am Abend reagierte Dietmar Woidke dann doch noch, mit einem Agentur-Interview: Er sehe keine Auswirkungen für die Landtagswahl, die kein Selbstläufer für die CDU werde. Die Brandenburger würden stellenweise etwas anders ticken. Er setzt wohl auch darauf, dass sie als unaufgeregt gelten, das Stabilitätsbedürfnis hier stark ausgeprägt ist. Die Leute wollen möglichst keine Experimente, keine Turbulenzen, wovon jetzt Merkels CDU profitierte. Und 2014 in Brandenburg die SPD? Dietmar Woidke wird es erfahren.
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