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Der Wald leidet: Der Klimawandel macht Brandenburgs Bäumen zu schaffen
Eichen, Linden und Eschen leiden zunehmend unter Trockenphasen und geringen Niederschlägen. Pilzen, die für Bäume schädlich sind, geht es umso besser.
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Potsdam - Ob am Straßenrand, auf der Obstwiese oder im Wald – es steht nicht gut um Brandenburgs Bäume. Zunehmend zu schaffen macht den Eichen, Kiefern und Linden der Klimawandel. Durch ungewöhnlich lange Trockenphasen und geringe Niederschläge gestresst, werden sie immer anfälliger für Schädlinge, Bakterien und Pilze. Während Wissenschaftler bei Schönefeld auf einer Testplantage nach einem möglichst widerstandsfähigen Straßenbaum der Zukunft suchen, kämpfen Obstbauern bei Frankfurt (Oder) derzeit gegen das hochinfektiöse Bakterium Feuerbrand. Ganze Kernobstplantagen müssen wegen des wärmeliebenden Erregers gerodet werden. Nun bedrohen zudem bislang ungefährliche Pilze Brandenburgs Waldbäume – vor allem den Eschen geht es schlecht.
Verantwortlich für die Leiden des Baum des Jahres 2001 in Deutschland ist der Hymenoscyphus pseudoalbidus oder das Falsche Weiße Stängelbecherchen, wie der Pilz auch genannt wird. Dass er den Eschen überhaupt gefährlich wird, war lange unbekannt. Erstmals wurden Anfang der 90er Jahre größere Schäden aus dem Baltikum und aus Polen gemeldet. Mittlerweile sollen die auffälligen Triebschäden in ganz Nord- und Mitteleuropa zu beobachten sein. Im Land Brandenburg sind laut Experten sogar ganze Bestände in Gefahr. „Es gibt einige Bereiche im Land, wo die Esche bereits auf der ganzen Fläche abstirbt“, beschreibt Jan Engel vom Forstkompetenzzentrum des Landes in Eberswalde die Folgen der Pilzerkrankung in den brandenburgischen Wäldern.
Wie groß das Ausmaß des Pilzbefalls in Brandenburg ist, zeigen die insgesamt 147 Proben von offensichtlich kranken Bäumen, die das Kompetenzzentrum im vergangenen Jahr für private Waldbesitzer und Forstverwaltungen untersucht hat. In mehr als der Hälfte der Fälle wurden dabei Pilze, bei einem Viertel Insekten als Schädlinge nachgewiesen; 13 Prozent der Schäden entfielen auf Wetterunbilden wie Frost, Hitze, Dürre und Hagel. Die Experten rechnen mit einer Zunahme von „Schwächeparasiten“ und neuen Krankheitsphänomenen. Vor allem Kleinpilzen sind sie mit dem Mikroskop auf der Spur. Einige davon, wie auch das Falsche Weiße Stängelbecherchen, kämen seit Jahrzehnten im waldökologischen System vor, seien jedoch erst seit einigen Jahren schädlich. Warum? „Das ist auch für uns merkwürdig“, räumt Engel ein. Es bestehe aber der Verdacht, dass dies mit dem Klimawandel zusammenhänge. Modellberechnungen gehen von einem Anstieg der Durchschnittstemperatur im Land Brandenburg von zwei bis vier Grad in den nächsten 30 bis 40 Jahren. „Möglicherweise regt die Erwärmung und eine veränderte Luftfeuchtigkeit die Pilze an, schädlich zu sein“, meint Jan Engel. So seien auch die in Brandenburg allgegenwärtigen Kiefern betroffen, berichtet der Forstexperte. Der entsprechende Pilz heiße Sphaeropsis sapinea und sei ebenfalls wärmeliebend.
Mit einem Anteil von nach wie vor rund 70 Prozent ist die Kiefer der vorherrschende Baum im märkischen Forst. Dagegen spielt die Esche nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt steht auf 37 Prozent der Landesfläche Wald. Nur etwa 280 000 Hektar der insgesamt 1,1 Millionen Hektar Wald gehören dem Land. Den Rest teilen sich Kommunen und rund 90 000 private Forstbesitzer.
Die wirtschaftlichen Folgen durch den Befall halten sich jedoch in Grenzen, meint Enno Rosenthal, Geschäftsführer des Waldbauernverbandes Brandenburg. „Vor Jahren hatten wir ein ähnliches Problem mit Ulmen. Eschen aber spielen für uns keine große Rolle. Zwar ist altes Eschenholz gefragt, aber die Anbaufläche in Brandenburg ist ohnehin zu gering“, meint der Funktionär und private Waldbesitzer. „Dennoch bestätigt sich einmal mehr die alte Praxis, dass ein gut gestaffelter Mischwald resistenter ist als die bei uns noch immer vorherrschenden Kiefernmonokulturen“, so Rosenthal.
Auch die Ausbreitung der meldepflichtigen Pflanzenkrankheit Feuerbrand wird nach Meinung von Experten durch den Klimawandel begünstigt. Vor allem Apfel-, Birnen- und Quittenbäume werden befallen. Erstmals seit Jahren ist Feuerbrand auch wieder im größeren Umfang in Brandenburg aufgetreten. Da die Krankheit hochansteckend ist, muss die befallene Plantage gerodet und vernichtet werden. Laut Landesagrarministerium sind derzeit 18 Betriebe im Raum Frankfurt (Oder) betroffen. 50 000 Euro hat das Ministerium für die schnelle Feuerbrandbekämpfung zur Verfügung gestellt.
Gezählt sind wohl auch die Tage der klassischen Alleebäume. Linden, Eichen oder Eschen etwa kommen mit den zunehmenden Extremwetterereignissen und der ohnehin hohen Streusalzbelastung immer schwerer zurecht, sind infolge anfälliger für Krankheiten und Schädlingsbefall. Allein in den Kreisen Barnim, Uckermark und Oberhavel waren laut des Landesbetriebs Straßenwesen im vergangenen Jahr rund 50 Bäume wegen des Kälteeinbruchs im Frühjahr eingegangen. Auf einem Gelände bei Schönefeld testen deshalb Wissenschaftler der Berliner Humboldt-Universität an Trockenheit und geringe Niederschläge gewöhnte Exoten wie Milchorangenbäume, Japanische Zelkoven, Taschentuchbäume oder Kobushi-Magnolien auf ihre Eignung als Straßenbäume. Erste Ergebnisse sollen bereits im kommenden Jahr vorliegen.
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