Brandenburg: Der Minister und sein Amtschef
Innenminister Schröter wollte eigentlich Ruhe haben bei der Polizei, dafür sollte sein Staatssekretär sorgen. Doch dessen Autorität ist längst beschädigt
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Potsdam - Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat genug zu tun: Kreisgebietsreform, die Unterbringen der steigenden Zahl von Flüchtlingen. Schröter ist deshalb viel im Land unterwegs. Und nun muss Schröter sich auch noch mit Problemen bei der Polizei herumschlagen. Sein Staatssekretär Arne Feuring, vormals Polizeipräsident, sollte ihm eigentlich an dieser Front den Rücken frei halten. So war es geplant, auch von der Staatskanzlei – Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) war selbst Innenminister und hatte den Personalabbau bei der Polizeireform bereits abgebremst, Staatskanzleichef Rudolf Zeeb war von 2009 bis nach der Landtagswahl 2014 Innenstaatssekretär, er gehört zu den Vätern der Sparpläne bei der Polizei. Feuring gilt als der Vollstrecker.
Schröter aber, der schon als Landrat hyperkorrekt und damit oft genug in der Landespolitik angeeckt war, einer der sich peinlich genau an rechtliche Vorgaben hält, passt nicht recht in diese Runde. Als er zu Amtsbeginn im November 2014 mit den Vorwürfen konfrontiert war, dass an der Kriminalstatistik mit Dienstanweisungen zur Erfassung von Straftaten geschraubt wurde, versprach er eine Prüfung. Er sagte aber auch, er betreibe keine Vergangenheitsbewältigung, sondern habe mit Zukunftsproblemen zu kämpfen. Inzwischen hat ihn die Vergangenheit doch eingeholt. Schröter ließ die Kriminalstatistik 2014 neu erfassen, es zeigte sich, dass unter Feuring als Polizeipräsident die Aufklärungsquote und die Zahl der Straftaten geschönt werden sollten. Schröter versprach, künftig würden nur noch korrekte Statistiken vorgelegt. Zum Vertrauen zu Feuring gefragt, sagte er: „Ich arbeite mit meinem Staatssekretär zusammen.“
Dass das weiter funktioniert, glauben nicht viele im Ministerium. Schröter fühlt sich dem Vernehmen nach von Feuring hintergangen, weil bei der Evalution seine Vorgabe von 8100 Stellen nicht berücksichtigt wurde. Feuring warf er vor den versammelten Abteilungsleitern Illoyalität vor. Und wenn die Berichte und Erzählungen aus dem Ministerium über Schröters Vertrauensverlust gegenüber dem Staatssekretär auch zum Teil überhitzt sind, bleibt doch etwas hängen. Egal was stimmt, allein dadurch ist Feuring beschädigt, seine Autorität als Amtschef, der das Haus für den Minister führen muss, leidet.
Noch hat Feuring die Rückendeckung aus der Staatskanzlei. Feuring und Zeeb gelten als Vertraute. Erst wenige Tage bevor der Minister im März die neue Kriminalstatistik vorstellte und einräumte, dass bislang getrickst wurde, sah man den Innenstaatssekretär und den Staatskanzleichef an einer Potsdamer Bar sitzen.
Schröter muss sich trotz seines Eingreifens weiter mit der Kriminalstatistik befassen, etwa im Innenausschuss des Landtages am heutigen Donnerstag wegen weiterer Ungereimtheiten, die das rbb-Magazin „Klartext“ aufgedeckt hat und wegen Feuring. Aus Sicht der CDU-Fraktion hat Feuring seinen Minister falsch informiert. Die Opposition wirft dem früheren Polizeichef vor, Fallzahlen seien heruntergerechnet worden, um den geplanten Stellenabbau bei der Polizei zu rechtfertigen. Das wies der Staatssekretär bislang stets zurück.
Schröter ordnete eine weitere Überprüfung der neuen Vorwürfe an. „Der Minister wird sich im Ausschuss dazu äußern“, hieß es knapp von seinem Sprecher Ingo Decker. In einer Mitteilung vor wenigen Tagen hatte das Innenressort erklärt, dass es bei knapp 200 000 Fällen in einer jährlichen Kriminalstatistik im Einzelfall auch zu Fehlern kommen könne.
Im Fokus der Diskussion steht für die CDU die Polizeireform mit einem geplanten Personalabbau auf nun 7800 Stellen, für die Feuring mitverantwortlich zeichnet. Argwöhnisch betrachtet die Fraktion deswegen auch eine Reaktion der rot-roten Landesregierung auf eine kritische Äußerung einer Cottbuser Staatsanwältin zur Qualität der Ermittlungen der Polizei. Die Juristin wurde von der Staatskanzlei um eine Stellungnahme gebeten. Nach Meinung des innenpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Björn Lakenmacher, ist das ein „ungeheuerlicher Vorgang“. Kritiker sollten offensichtlich mundtot gemacht werden. Unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ werde das Thema nun im Ausschuss zur Rede kommen, erklärte dessen Vorsitzender Sören Kosanke (SPD).
Die Staatskanzlei wies die Vorwürfe zurück: Es gehöre zu ihren Pflichten, sich über Einschätzungen zu aktuellen Aspekten in allen Politikfeldern auf dem Laufenden zu halten. „Wie jemand auf die Idee kommen kann, aus täglichem Verwaltungshandeln einen „ungeheuerlichen Vorgang“ zu konstruieren, bleibt unerfindlich“, meinte Regierungssprecher Thomas Braune.
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