zum Hauptinhalt

Von Alexander Fröhlich: „Die Glienicker Brücke wird nicht gesperrt“ Journalisten-Verband kritisiert die SPD-Spitze

Potsdam - Erneut steht Brandenburgs, von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführter SPD-Landesverband wegen des Umgangs mit einzelnen Medien in der Kritik. Selbst die Bundesspitze des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), aber auch die Landespressekonferenz und die Opposition im Landtag schalten sich nun ein.

Stand:

Potsdam - Erneut steht Brandenburgs, von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführter SPD-Landesverband wegen des Umgangs mit einzelnen Medien in der Kritik. Selbst die Bundesspitze des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), aber auch die Landespressekonferenz und die Opposition im Landtag schalten sich nun ein. Anlass ist die Pressekonferenz in der Parteizentrale am Sonntagabend zum Mandatsverzicht von Ex-Innenminister Rainer Speer, zu der die Parteispitze die Landeskorrespondenten mehrerer Medien nicht eingeladen hatte. Betroffen waren die Lausitzer Rundschau, die Bild-Zeitung und das Deutschlandradio. Auch das ZDF durfte nicht kommen, die ARD mit der Landesanstalt RBB schon, die PNN, der Tagesspiegel und die Berliner Morgenposten waren nicht erwünscht, die Berliner Zeitung aber schon.

Auffällig: Alle Ausgeschlossenen hatten investigativ, mindestens aber kritisch über die Unterhaltsaffäre Speers und dessen Verantwortung als Finanzminister für zwielichtige Geschäfte mit Landeseigentum zum Schaden des Landes berichtet.

Aber lediglich Vertreter zweier Nachrichtenagenturen, des RBB und zweier Tageszeitungen durften sich am  Sonntagabend in der SPD-Landeszentrale anhören, was Speer und Platzeck nun zum Abgang eines der wichtigsten Landespolitiker sagen hatten. Das war ein Bedingung, die Speer gestellt hatte, nachdem ihn Platzeck eine Woche zuvor zum Mandatsverzicht aufgefordert hatte. Denn Speers Unterhaltsaffäre hat die Arbeit der rot-roten Regierungskoalition auch nach seinem Rücktritt als Minister Ende September zunehmend gelähmt. Zuvor hatte Speer mit einem Medienprozess versucht, Berichte über vom Staat an seiner Statt gezahlten Unterhalt für sein uneheliches Kind mit einer Landesbediensteten zu verhindern.

Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken sagte den PNN: „Die SPD Brandenburg sollte sich davor hüten, ähnlich repressiv mit der Presse umzugehen wie es Ex-Innenminister Speer versucht hat.“ Dass zu solch politisch brenzlichen Fragen nur wenige Journalisten eingeladen werden, komme äußerst selten vor. „Die Vorgänge“ um Speer „haben bundesweite Aufmerksamkeit gefunden“, so Konken. „Die brandenburgische SPD hat nicht das Recht, aktuelle Informationen nur einem kleinen Teil von Journalisten zugänglich zu machen und die anderen Kollegen auszusperren." Auch die Landespressekonferenz Brandenburg, ein Zusammenschluss der Landeskorrespondenten verschiedener regionaler und überregionaler Medien, protestierte in einem Schreiben gegen diese Selektionspolitik in genehme und ungenehme Journalisten.

Für Grüne-Fraktionschef Axel Vogel hat die SPD erneut gezeigt, „dass sie dem Gleichbehandlungsgebot als Grundsatz der Pressefreiheit keinen besonders hohen Stellenwert beimisst“, zumal der für Partei-Pressearbeit zuständige Generalsekretär Klaus Ness als Mitglied des RBB- Rundfunkrats auch über eine unabhängige Berichterstattung wachen soll. Bereits Ende August waren Landeskorrespondenten von Bild und Lausitzer Rundschau vom Hintergrundgespräch mit SPD-Landeschef Platzeck ausgeschlossen worden. Verantwortlich war Regierungssprecher Thomas Braune. Hier dränge sich der Verdacht auf, so Vogel, dass von der Regierungspartei als zu kritisch wahr genommene Medien der direkte Zugang zu Informationen verweigert wird. CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski fühlt sich an alte Zeiten erinnert: „Das Denken, das dahinter steckt, erinnert mich an die DDR.“

Ins Bild passt da auch eine E-Mail, die Regierungssprecher Braune am 9. Oktober 2009 wenige Tage vor der Koalitionsentscheidung der SPD für Rot-Rot mit der Linken an verschiedene Parteigranden schickte, in der es um die mit Ness abgestimmte „Erstabwehr“ von „Störern“ geht. Gemeint war der Korrespondent des „Spiegel“, Stefan Berg. Dessen Kommentar zum Umgang der SPD mit Medien fiel nur noch spöttisch aus: „Wenigstens wird zur ,Erstabwehr‘ von ,Störern‘ nicht mehr die Glienicker Brücke gesperrt. Das ist durchaus eine positive Entwicklung.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })