Brandenburg: Die Konflikte der Genossen
Die Linke hadert mit sich als Regierungspartei und murrt über ihren Kurs unter Rot-Rot
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Potsdam - Die Brandenburger Linken haben ein Problem in der rot-roten Regierungskoalition – und das heißt Glaubwürdigkeit. Brandenburger Linke-Abgeordnete im Bundestag gehen schon seit einer Weile auf Distanz zu ihrem Landesverband. So will Dagmar Enkelmann deshalb 2013 nicht erneut wie schon 2009, als Spitzenkandidatin die Landesliste der Linke zur Bundestagswahl anführen.
Die 56-Jährige will nur noch als Direktkandidatin im Wahlkreis Barnim/Märkisch-Oderland antreten. Einen Platz auf der Landesliste strebe sie aber nicht an, sagte sie. Enkelmann, die parlamentarische Geschäftsführerin der Linken im Bundestag ist, begründete dies mit politischen Differenzen zum Landesverband und mit dem Agieren der Linken in der rot-roten Landesregierung. Sie könne nicht nachvollziehen, dass eine rot-rote Landesregierung die Lebensarbeitszeit von Polizisten auf 67 Jahre verlängere. Die umstrittene Polizeireform erwähnte sie gar nicht erst, mit der die Linken arg haderten und mit der sie jetzt aber zumindest leben können – da der Personalabbau weniger stark ausfällt.
Zudem liegt Enkelmann schon seit einer Weile mit der Landespartei in der Energiepolitik über Kreuz. Denn die Bundespolitikerin pocht auf Einhaltung der eigenen Wahlversprechen, nämlich den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. In der Koalition mit der SPD musste sich die SPD beugen, die an der Kohleverstromung festhält. Regelmäßig kocht dieser zentrale Konflikt bei den Landesparteitagen der Brandenburger Linke hoch, und jedes Mal hatten die Spitzen von Partei und Fraktion alle Mühe, um eine Eskalation zu vermeiden, um die SPD nicht zu brüskieren.
Landesparteichef Stefan Ludwig sagte nach Enkelmanns Entscheidung, er nehme diese zur Kenntnis, und die Meinungsverschiedenheiten seien schon länger bekannt. Im Hintergrund aber wird kolportiert, Enkelmann wolle nur ihre eigenes Profil schärfen, um das Direktmandat auch sicher zu holen. Auf der Landesliste wolle sie Platz machen für den politischen Nachwuchs.
Damit sind zwei Konfliktlinien benannt – Energie und ganz grob der Umgang mit dem Landespersonal und damit mit den Gewerkschaften. Selbst in der Landtagsfraktion herrscht Unzufriedenheit über den Kurs in der rot-roten Koalition und die Zugeständnisse gegenüber den Sozialdemokraten. Denn tatsächlich müssen die Brandenburger Linken wegen ihres Kurses unter Rot-Rot heftige Kritik einstecken. Intern wird davor gewarnt, dass die Neuauflage der Koalition nach der Wahl 2014 in Gefahr sei. Die Glaubwürdigkeit bei den Wählern habe wegen der Kompromisse mit der SPD gelitten, heißt es bei Landespolitikern. Und erst recht an der Basis. Doch wenn es um die Regierungsbeteiligung ging, ließ sich die betagte Mehrheit der Mitglieder disziplinieren und auf Kurs halten. Zwischenzeitlich wurde sogar darüber nachgedacht, die Minister auszutauschen: etwa Ralf Christoffers, der Wirtschaftsminister, der wegen seines Kohlekurses parteiintern als Sozialdemokrat verschrien ist. Oder Helmuth Markov, der das Finanzressort führt und dort ausgerechnet als Linker einen strikten Sparkurs durchsetzen muss. „Von Ministerumbesetzungen ist keine Rede“, sagt Parteichef Ludwig.
Insgesamt hat die Linke derzeit an mehreren internen Fronten zu kämpfen. Da wäre zum einen der Richtungsstreit: Einerseits gibt es starke Kräfte, die auf eine Sozialdemokratisierung der Partei setzen und von einer realistischen linken Politik sprechen. Andere dagegen setzen wie weite Teile der Bundespartei auf einen strikten Oppositionskurs gegen jedwede Regierungsbeteiligung. Überdies sind Landespartei und Landtagsfraktion über Kreuz mit den Funktionären und Abgeordneten auf Bundesebene. Dort wird den Brandenburger Linken der Bruch eigener Wahlversprechen vorgehalten. Der Bundestagsabgeordnete und vormalige Landesparteichef Thomas Nord, der im Frühjahr sein Amt an Ludwig abgab, konnte die Differenzen noch lange Zeit kaschieren, galt als Vermittler, fand stets Kompromissse. Ludwig füllt diese Rolle noch nicht aus. Alexander Fröhlich
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