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Brandenburg: Die Linke im Blick

SPD-Landeschef Woidke wird vom Landesparteitag zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Mit der CDU will er offenbar nicht koalieren

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Paaren-Glien – Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat sich offenbar für eine Fortsetzung des seit 2009 bestehenden rot-roten Regierungsbündnisses mit der Linke festgelegt. Am Samstag startete er beim Landesparteitag in Paaren/Glien (Havelland) mit scharfen Attacken gegen die oppositionelle CDU in den Landtagswahlkampf. SPD-Landeschef Woidke, nach Manfred Stolpe und Matthias Platzeck erst der dritte Regierungschef 24 Jahre nach der Wiedervereinigung in Brandenburg, soll nun nach Platzecks Rückzug aus gesundheitlichen Gründen vor neun Monaten für die Sozialdemokraten den Sieg bei der Landtagswahl am 14. September sichern. Mit knapp 95 Prozent der Stimmen ist er am Samstag zum Spitzenkandidaten gewählt worden.

Mit der Brandenburg-CDU, die lange Zeit im Ruf als schlechtester Landesverband in Deutschland stand, hatte die SPD bis 2009 zehn Jahre lang regiert. Nun sieht Woidke keinen Weg zurück in ein rot-schwarzes Bündnis. Zwar vermeiden er und seine Partei wie immer eine offiziele Koalitionsaussage vor der Wahl. Doch über weite Strecken seiner Rede attackierte Woidke die Christdemokraten und deren Landeschef Michael Schierack hart. Den aktuellen Koalitionspartner Die Linke, im Land zweitstärkste Kraft, dagegen erwähnte Woidke nur einmal und warf der Partei „Selbstbesinnungsprosa“ in ihrem Wahlprogramm vor. Der CDU hielt Woidke vor, den von Union und SPD im Bund vereinbarten Kompromiss zum Mindestlohn aufzukündigen. Die CDU-Forderung nach einem „branchen- und regionenspezifischen Mindestlohn“ wies Woidke entschieden zurück. „Wer dafür plädiert, dass die eigenen Landeskinder schlechter gestellt werden als andere, sollte nicht an der Landesregierung beteiligt werden“, sagte Woidke unter großem Beifall. Zudem warf der 52-jährige SPD-Landeschef den Christdemokraten vor, das Schüler-Bafög abschaffen zu wollen, ein Prestigeprojekt der Sozialdemokraten.

„Ich weiß, was die Menschen im Land bewegt“, sagte Woidke: Die Wähler wollten Konzepte und einen klaren Kurs. Linke und Grüne verschanzten sich dagegen hinter hundertseitigen Wahlprogrammen. Die CDU verstecke sich „hinter dem breiten Rücken der Kanzlerin“.

Woidke verwies auf die positive Bilanz der SPD nach fast 25 Jahren in Regierungsverantwortung und fünf Jahren Rot-Rot – erstmals eine Arbeitslosenquote unter zehn Prozent, keine neuen Schulden, deutlich mehr Ausgaben für Bildung und 2800 neue Lehrer seit 2009. Brandenburg sei ein Aufsteigerland, sagte Woidke.

Das mit großer Mehrheit beschlossene 50-Punkte-Wahlprogramm sieht 4000 weitere neue Lehrer vor, 1000 neue Kita-Erzieher, mehr Geld für Hochschulen und 100 Millionen Euro für die Sanierung maroder Ortsdurchfahrten in Brandenburgs Dörfern und Städten. Zudem nimmt die Landes-SPD im Programm auch Abstand von den radikalen Zielen der Polizeireform. SPD-Landtagsfraktionschef Klaus Ness sagte, die Voraussetzungen hätten sich geändert. Die Steuereinnahmen des Landes hätten sich deutlich verbessert, zudem habe sich die Annahme nicht bestätigt, dass mit sinkender Einwohnerzahl auch die Kriminalität zurückgehe. Statt des geplanten Abbaus von 8900 auf 7000 Stellen sieht die SPD nun 7800 Stellen im Jahr 2020 vor.

Größere Streitthemen mit der SPD-Basis im Umfeld des Hauptstadtflughafens BER, etwa zum Nachtflugverbot, hatte die gewohnt streng durchgeplante Parteitagsregie schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt. Am Morgen hatten vor der Tagungshalle mehrere Initiativen gegen Fluglärm die Parteitagsdelegierten und Regierungspolitiker mit Buhrufen und Pfiffen empfangen.

Der Antrag des Ortsverbandes Kleinmachow, der zur Durchsetzung eines kompletten Nachflugverbotes von 22 bis 6 Uhr eine Kündigung der Gemeinsamen Landesplanung mit Berlin forderte, wird zunächst den Landesvorstand beschäftigen – für beide Seiten eine gesichtswahrende Lösung. In der SPD-Landesspitze wird die harte Haltung im BER-Umfeld nach strenger Nachtruhe sehr ernst genommen, zudem will die SPD vor der Wahl die Fluglärmgegner nicht gegen sich aufbringen und verprellen. Andererseits hoffen die Fluglärmgegner darauf, nach dem erfolgreichen Volksbegehren weiter Einfluss auf die Parteispitze nehmen zu können. Kleinmachnows SPD-Ortsvereinchef Matthias Schubert darf nun seine Argumente direkt im Landesvorstand vorbringen, er ist zugleich einer der bekanntesten Vertreter der Fluglärmgegner und Sprecher des Aktionsbündnisses Berlin-Brandenburg

Zudem holte sich die Parteiführung beim Parteitag Rückendeckung vom Parteitag für die Verhandlungen mit Berlin um dem Bund. Ein Antrag, der höhere Gebühren für Starts und Landungen zwichen 22 und 6 Uhr fordert, weil diese höhere Lärmschutzkosten verursachen, fand breite Unterstützung. „Es soll wirtschaftlich nicht attraktiv sein, in diesem Zeitraum zu starten und zu landen“, heißt es nun im Wahlprogramm. Allerdings entscheidet über die Höhe der Gebühren allein die Flughafengesellschaft, Brandenburg kann aber als Gesellschafter Einfluss nehmen.

Dieser radikale Antrag des SPD-Ortsverbands Michendorf war noch kurzfristig nach Gesprächen mit der Parteiführung entschärft worden. Ursprünglich hatte der gefordert, dass Brandenburg weitere Zuschüsse für den Bau des Hauptstadtflughafens an ein komplettes Nachtflugverbot koppeln soll.

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