Von Thorsten Metzner: Die Linke straft ihren Parteichef ab
Thomas Nord erhielt bei der Aufstellung zur Bundestagswahl nur 58 Prozent der Stimmen
Stand:
Blossin – Brandenburgs Linkspartei beschädigt im Superwahljahr 2009 weiter ihr Führungspersonal: Nach der verpatzten Kür von Landtagsspitzenkandidatin Kerstin Kaiser wurde am Samstag nun der Linke-Landesvorsitzende Thomas Nord bei der Aufstellung der Liste für die Bundestagswahl von der Basis abgestraft. Für den 51-Jährigen, der auf Platz 2 hinter Bundestags-Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann kandidierte, votierten in Blossin lediglich 76 der 131 Delegierten (58 Prozent). Dagegen wurde Enkelmann mit einer überwältigenden Mehrheit von 97,7 Prozent auf Platz 1 der Bundesliste gewählt. Nord reagierte „nachdenklich“ auf das Wahl-Ergebnis, lehnte aber einen Verzicht und einen Rücktritt vom Parteivorsitz ab. Er führte das „unerwartet schlechte Ergebnis“ auf schwierige Personalentscheidungen im Vorfeld zurück, mit denen er sich in der Partei nicht nur Freunde gemacht habe. Auf die Frage, was die Linke noch von den früheren Querelen in der Brandenburger CDU unterscheide, antwortete Nord: „Dort waren Ross und Reiter zu erkennen.“ In der Linken gebe es keinen Richtungsstreit, die Vorbehalte lägen „auf der persönlichen Ebene“. „Der Landesverband ist nicht zerstritten.“
In seiner Bewerbungsrede hatte sich Nord erneut zu seiner bereits vor Jahren offen gelegten Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi bekannt. Führende Linkspolitiker sprachen nach der Abstrafung Nords von einer „unpolitischen Entscheidung“ der Delegierten. Vergeblich hatte vor dem Parteitag Bundeschef Lothar Bisky die Genossen in seinem früheren Landesverband zur Geschlossenheit gemahnt. Nord bekam wohl auch einen Denkzettel dafür, dass er überraschend in den Bundestag drängte, den prominenten Listenplatz 2 für sich beansprucht hatte – und so den Kampf prominenter Linke-Politiker um die folgenden Plätze erst ausgelöst hatte. Dort konnte sich der frühere Bundesrichter und Vize-Chef der Bundestagsfraktion Wolfgang Neskovic klar gegen eine Kampfkandidatur des früheren Bundesgeschäftsführers und „Lieblings von Potsdam“ Rolf Kutzmutz auf Platz 4 durchsetzen. Für Neskovic stimmten 88, für Kutzmutz 44 Delegierte. Ebenfalls mit einer Kampfkandidatur scheiterte ein anderer Prominenter: Der parteilose Brandenburger Verfassungsrichter und Künstler Florian Havemann, Sohn des bekannten SED-Regimekritikers, unterlag mit 30 Stimmen gegen den Bildungspolitiker Harald Petzold (87). Vergeblich hatte Havemann argumentiert, dass ein früherer DDR-Oppositioneller der Partei im Bundestag gut zu Gesicht stünde. „Ich bin bereit, mich von der Partei benutzen zu lassen.“
Der Richtungsstreit der Bundespartei unter dem Vorsitzenden Oskar Lafontaine spielte auf dem Parteitag, auf dem die Linke ihr Landtagswahlprogramm verabschiedete, dagegen nur am Rande eine Rolle. Linke-Realo Ralf Christoffers wies Avancen der SPD auf einen Übertritt nach dem Beispiel von Sylvia-Yvonne Kaufmann zurück. Christoffers: „Ich denke weder an Rücktritt, noch an Austritt.“
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