Brandenburg: Die Politik als Werksfeuerwehr
Bangen um Jobs bei Bombardier und beim Bahnwerk Eberswalde: Minister Gerber spricht im Ausschuss über aktuelle Brennpunkte
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Potsdam - Es sind für Brandenburg industriepolitisch unruhige Tage: Während im Poker um die Braunkohleindustrie in der Lausitz kein Ende in Sicht ist, standen im Wirtschaftsausschuss des Landtages am Mittwoch auf der Tagesordnung gleich zwei akute Notfälle, zwei in Schwierigkeiten geratene Leuchtturm-Unternehmen im Land: Und weder für das Bombardier–Werk in Hennigsdorf, für das massiver Stellenabbau angekündigt wurde, noch für das vom Aus bedrohte Bahnwerk in Eberswalde konnte Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) Entwarnung geben.
In Hennigsdorf, wo Bombardier S-Bahnen, Straßenbahnen und Regionalbahnzüge produziert werden, sollen 270 der 2850 Beschäftigten ihre Jobs verlieren. Gerber versuchte im Ausschuss, Vorwürfe der CDU-Opposition auszuräumen, dass sich die Landesregierung zu wenig um den Standort Hennigsdorf gekümmert habe und kümmere. In der Konzernzentrale in Toronto habe sich kein Regierungsvertreter blicken lassen, obwohl sich die Schwierigkeiten lange abgezeichnet hätten, kritisierte der CDU-Abgeordnete Dierk Homeyer, der wirtschaftspolitische Sprecher seiner Fraktion. Gerber wiederum verwies darauf, dass er sich in enger Abstimmung mit Betriebsrat und IG Metall für den Erhalt der Jobs einsetze. Eine Prognose über den Ausgang wollte er nicht wagen. Er habe sich an den Konzern mit der Bitte um ein Gespräch gewandt und öffentlich erklärt, dass der Schienenverkehr ein wachsender Markt in Deutschland und Europa sei. „Die hochqualifizierten Ingenieure und Mitarbeiter sind das größte Pfund.“ In der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 hätten Unternehmen, die zu schnell Personal abgebaut hätten, später die „Erfahrung gemacht, dass sie die Leute dann nicht mehr wiedergefunden haben.“ Gerber betonte, dass das Wirtschaftsministerium dem Unternehmen Innovationsfördermittel angeboten haben. Dieses habe bislang aber keinen Antrag gestellt.
Bombardier hatte sich trotz der Nachricht über den Stellenabbau zum Standort Hennigsdorf, den größten des Konzerns in Deutschland, bekannt. Danach soll er zu einem „Kompetenzzentrum für Fahrzeugkonstruktion“ ausgebaut werden. Der Betriebsrat befürchtet hingegen, dass der Abbau weitergehen wird und in Hennigsdorf nur die Entwicklung und eine kleine Prototypenfertigungsstätte bleiben. IG Metall und Betriebsrat haben massive Proteste angekündigt.
In der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg hatte Bombardier 2015 einen schweren Rückschlag einstecken müssen. Die Ausschreibung der Deutschen Bahn AG für 382 neue Wagen der Berliner S-Bahn – ein Auftrag über einige hundert Millionen Euro – hatte die Konkurrenz aus Siemens und Stadler gewonnen. Stadler Produktionsstätten in Berlin und Brandenburg, die allerdings kleiner sind. Zu den Ursachen für die Niederlage Bombardiers gab es widersprüchliche Versionen: Im Unternehmen selbst kritisierte man für Bombardier nachteilige Ausschreibungskriterien, in Brandenburgs Politik war auch von Fehlern Bombardiers bei der Bewerbung die Rede. Der CDU-Abgeordnete Frank Bommert sagte am Mittwoch im Ausschuss, dass es hoffentlich bei der geplanten Ausschreibung der BVG für neue U-Bahnen und Straßenbahnen besser laufe. Gerber stellte klar, dass nicht zugunsten von Bombardier eingegriffen werden könne. „Ausschreibungen sind Ausschreibungen. Es sind formalisierte Verfahren, die sich der Einflussnahme entziehen.“ Indirekt räumte er ein, dass es dabei keine Kooperation mit dem Nachbarland gibt. „Es ist eine Ausschreibung der Berliner Verkehrsbetriebe.“ Bommert sagte, es gehe nicht um Mauschelei, sondern um für Bombardier nicht nachteilige Kriterien.
Beim Bahnwerk in Eberswalde, dessen vor 16 Monate beschlossene Stilllegung erst einmal abgewendet werden konnte, wird unterdessen um den Verkauf an einen privaten Investor gerungen. Die Verhandlungen über die Rettung ziehen sich aber weiter hin. „In dieser Woche wird es noch einmal ein Gespräch über die mögliche finanzielle Förderung durch das Land geben“, sagte Gerber.
An dem Werk hatte unter anderem die Eisenbahn Service AG in Putlitz (Prignitz) Interesse gezeigt. Eine Verkauf hatte die Bahn ablehnt. Dass nun von der Deutschen Bahn verhandelt wird, sei auch ein Ergebnis der Proteste der Bahnwerker und des einstimmigen Landtagsbeschlusses.
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