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Brandenburg: Die steile Karriere eines Sportlehrers
Erst 2012 wurde er Fraktionschef, bald ist er Parteichef und nun Finanzminister: Christian Görke
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Potsdam - Ein Mann klarer Worte ist er, der neue Herr über das Geld, den Brandenburgs Linke inthronisieren: Christian Görke, 51 Jahre alt, der künftige Finanzminister, hat in kurzer Zeit einen Turbo-Aufstieg hingelegt. Er ist Chef der Landtagsfraktion. Er ist designierter Parteichef und soll die Linke 2014 in die Landtagswahl führen.
Bei der Pressekonferenz am Montag in der Linke-Zentrale in der Potsdamer Alleestraße ließ Görke keinen Zweifel, was das Kalkül der in der Not des Schöneburg-Rücktritts geborenen Personalrochade in der Ministerriege der Linken ist. „Es ist ein starkes Signal, dass wir nicht nur in dieser Legislaturperiode Verantwortung übernemen wollen.“ Es soll also eine Weichenstellung sein, damit die rot-rote Regierungskoalition auch nach der Landtagswahl im September 2014 fortgesetzt wird. Und, so fügte Görke hinzu: „Ich werde auch dafür stehen, dass alle politischen Projekte der Linken eine realistische finanzielle Grundlage haben.“
Görke, im Lande noch wenig bekannt, ist also der neue starke Mann bei den Linken. Nur wer ist er? Der 51-Jährige stammt aus Rathenow im Havelland, in der Stadt nahe der Grenze zu Sachsen-Anhalt lebt Görke noch heute. Nach dem Abitur 1980 leistete er in der DDR seinen Wehrdienst bei der Bereitschaftspolizei ab und studierte danach Geschichte an der Pädagogischen Hochschule Dresden. 1988 wurde er Diplom-Lehrer. Es folgte von 1991 bis 1993 ein externes Studium an der Universität Potsdam im Fach Sport. Der begeisterte Volleyballspieler ist Vater von zwei Kindern.
Seine politische Laufbahn begann er 1985 noch in der DDR mit dem Eintritt in die Staatspartei SED und setzte sie dann in den Nachfolgeparteien PDS und Die Linke fort. Zunächst gehörte er von 1990 bis 1994 dem Kreistag Rathenow an und ist seitdem Mitglied des Kreistages, 1998 wurde er Stadtverordneter in Rathenow. In die Landespolitik kam Görke eher durch einen Zufall: 2003 zog er als Nachrücker in den Landtag ein, holte bei den Wahlen 2004 und 2009 jeweils das Direktmandat. Seine Fraktion bestimmte ihn dann 2007 zum Parlamentarischen Geschäftsführer. Er löste damit die graue Eminenz der brandenburgischen Linken, das Schwergewicht der Partei in Brandenburg ab: Heinz Vietze.
Seither erarbeitete sich Görke in Fraktion und Partei einen Namen, aber auch bei den Sozialdemokraten. Görke war einer der Architekten des ersten rot-roten Regierungsbündnisses in Brandenburg.
Aber mehr als andere Linke bewies er stets auch machtpolitischen Instinkt. 2012, zwei Jahre vor der Landtagswahl, stürzte er Kerstin Kaiser vom Fraktionsvorsitz. Ihr war schon lange Führungsschwäche vorgeworfen worden, Görke wollte die Fraktion einen - und für die Wahl in Stellung bringen. Kaiser beklagte damals intrigante Umstände ihres Sturzes, bei dem mit „informellen Einzelgesprächen“ nach dem „Prinzip der unsichtbaren Hand“ gegen sie gearbeitet worden sei. Görke reagierte mit Unverständnis, es stärkte ihn. Er kam schon da ins Gespräch für die Spitzenkandidatur 2014. Ihm waren schon 2009 bei den Koalitionsverhandlungen auch Ambitionen auf den Posten des Finanzministers nachgesagt worden.
Als Strippenzieher hat er sich schon als parlamentarischer Geschäftsführer geübt und als Finanzpolitiker etabliert. In der rot-roten Koalition hat er insbesondere den Zusammenhalt und Kompromisse organisiert, versucht jedoch immer wieder mit eigenen Vorstößen – wie etwa beim Nachtflugverbot – die SPD unter Druck zu setzen und die eigene Klientel bei der Stange zu halten, weit klarer und deutlicher als Kaiser zuvor.
Görkes exponierte Stellung in der Partei und Fraktion ist eigentlich eine Ausnahme für die Linke, aber auch dem Mangel an Alternativen geschuldet. Den Genossen ist Ämterhäufung traditionell eher suspekt. Mit dem Amt als Finanzminister kann Görke diesen Widerspruch zur Parteilinie nun auflösen. Zugleich gibt er jetzt sein Landtagsmandat ab.
Er hat das Ziel, zur Landtagswahl 2014 ein Ergebnis „von 25 plus x“ zu erreichen. Vor allem will die seit 2009 mitregierende Partei nach 2014 die rot-rote Koalition fortsetzen. Görke hatte dies in seiner Rede auf dem letzten Linke-Parteitag in Eberswalde – es war bereits die eines Parteichefs – in Richtung SPD erstmals öffentlich an Bedingungen gekoppelt, etwa den Einstieg in eine Gemeinschaftsschule in Brandenburg oder einen Neuanlauf für einen öffentlichen Beschäftigungssektor. „Wir sind das Original. Wir sind hundertprozentig sozial. Dazu werde ich stehen“, sagte er auch jetzt. Zu Vorstellungen, wie seine Mannschaft aussehen soll, hielt sich der designierte Parteichef noch bedeckt. „Wer mich kennt, der weiß: Ich bin ein Teamspieler.“
A. Fröhlich, Th. Metzner (mit dpa)
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