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Brandenburg: Dittsche an der Sonnenallee

Olli Dittrich hat seine Vorliebe fürs Verkleiden und sein Faible für Imbisse in einem Film vereint Ab Donnerstag ist der Hamburger als libanesischer Falafel-Frittierer zu sehen – in Neukölln

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Berlin - Das Wort hat es in sich: Spritzschutzvorrichtung. Daran scheitert Youssef fast jedes Mal. Allein schon die Aussprache! Und wofür braucht man so was eigentlich? Youssef kommt aus dem Libanon, hat einen sehr schwarzen Schnauzbartredet mit einem starken Akzent und lässt beim Sprechen das S schleifen. Von den Grammatikfehlern wollen wir gar nicht erst anfangen. Er trägt Polyesterhemden mit schrecklichen Mustern und verkauft Schawarma, Falafel und Makali in einem Imbiss an der Sonnenallee in Neukölln – ganz ohne Spritzschutzvorrichtung, sehr zum Missfallen einer Kontrolleurin vom Gesundheitsamt mit schlechten Zähnen.

Ab Donnerstag ist Youssef im Kino zu sehen. Er ist einer der Protagonisten des Films „Die Relativitätstheorie der Liebe“. Aber erst wenn man genauer hinguckt und sich Perücke, falsche Nase und Schminke wegdenkt, erkennt man, wer das eigentlich ist: Olli Dittrich, auch bekannt als Dittsche, der Mann, der im Bademantel in der Eppendorfer Grillstation in Hamburg herumhängt und das Weltgeschehen kommentiert. Für die WDR-Serie bekam Dittrich den Deutschen Fernsehpreis. In den Werbespots einer Elektronikmarktkette spielte Dittrich dann „unsere härtesten Kunden“. Etwa als Klischee-Italiener „Toni“ mit Schnauzbart und intensiver Brustbehaarung wie Youssef. Der Toni-Spot wurde abgesetzt, als italienische Zeitungen das rassistisch fanden.

Seine Vorliebe fürs Verkleiden und sein Faible für Imbisse hat Olli Dittrich nun in einem Film über die Liebe vereint. Fünf verschiedene Männer spielt er darin: einen fiesen Taxifahrer mit Bierbauch, einen verpeilten Berufsjugendlichen, einen blasierten Werbefachmann, einen Esoterik-Guru und Youssef. Katja Riemann spielt die fünf dazugehörigen Frauen – einige mit falschen Nasen.

Auch ihre Rollen sind – wie Dittrichs – laufende Klischees, die die Liebe erklären sollen: „Bei uns heißt es, die Liebe gehört in das Herz, nicht in den Mund, heutzutage, die Menschen quatschen viel zu viel über die Liebe“, sagt Youssef im Film. „Liebe hat viel mit Umgangsformen und Sympathie zu tun“, sagt Abou Muhammad im wirklichen Leben. Der 32-Jährige ist sozusagen der „echte“ Youssef. Er hält nicht viel von Liebe auf den ersten Blick und steht normalerweise hinter der Theke im Imbiss Al-Andalos an der Sonnenallee, wo das Filmteam gedreht hat. Wenn man schon dort war, erkennt man den Laden im Film schnell. Denn sonst gibt es wenige Orte in Berlin, an denen man sich so sehr wie im Orient fühlt. Die Leuchtschrift über dem Eingang ist arabisch – ebenso wie viele der Preistafeln über der Theke. Kufta und Kibbe gibt es hier – Spezialitäten aus Kalbshackfleisch. An der Wand hängen in Messing gravierte Sprüche eines libanesischen Dichters, daneben dessen Porträt. Der einzige Schnurrbartträger im Imbiss. „Da geht es um den Libanon als Heimat“, erklärt Muhammad – ohne libanesischen Akzent, schließlich ist er in Deutschland geboren, hat einen deutschen Pass. Sein Vater, dem der Imbiss gehört, kam schon vor fast 40 Jahren.

Youssef findet die Liebe in Gestalt der Kontrolleurin vom Gesundheitsamt mit den hässlichen Zähnen. „So was kann passieren“, sagt Muhammad und grinst schelmisch. Er selbst sei allerdings schon verheiratet und habe vier Kinder. „Na, wie geht’s deinen Kindern?“, fragt er einen Gast, einen Schwarzen mit Häkelmütze. „Waren das jetzt sechs, sieben oder zehn? Ihr habt doch immer so viele!“ Klischees finde er oft witzig, sagt Muhammad: „Hemdknöpfe auf und Brusthaar raus – das ist doch wirklich typisch arabisch.“ Und auch die Werbung mit Toni dem Italiener mochte er: „Schließlich ist das nicht böse gemeint.“ Lustig findet er auch, dass das Filmteam den Imbiss absichtlich schmutzig machte, weil das besser zur Geschichte passte. Schließlich hat er in Wirklichkeit längst eine Spritzschutzvorrichtung.

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