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Kritik an Justizminister Helmuth Markov: Ein Minister-Brief an die lieben Genossen
Erst gab es Ärger um die Sommertour von Finanzminister Christian Görke, nun wird Justizminister Helmuth Markov kritisiert: Hat Brandenburgs Linke ein Problem mit der Trennung von Amt und Partei?
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Potsdam - Nach der Affäre um die Sommertour von Finanzminister Christian Görke (Linke) mitten im Landtagswahlkampf muss sich nun auch sein Genosse, Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov, Vorwürfen erwehren, es nicht so genau zu nehmen mit der Trennung von Amt und Partei. Das Abstimmungsverhalten der Linken im Bundestag zur Verlängerung des Griechenland-Rettungspakets vor anderthalb Wochen war Markov jedenfalls ein ganz besonderes Anliegen. Gemeinsam mit seinem thüringischen Amtskollegen Benjamin-Immanuel Hoff schrieb er in seiner Funktion als Minister einen Brief samt Landeswappen und der Anschrift des Ministeriums als Absender – adressiert an die Parteivorsitzenden und an die Linksfraktion im Bundestag. Darin werben beide ihre Genossen in Partei und Fraktion, der Verlängerung der Griechenlandkredite zuzustimmen. Tatsächlich stimmten die meisten Linken zu.
Die CDU-Landtagsfraktion glaubt, dass die Linke in Brandenburg ein grundsätzliches Problem hat. „Der Brief offenbart, dass auf Kosten der Steuerzahler Ministeriumsmitarbeiter für Parteiarbeit eingesetzt wurden“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Jan Redmann den PNN. Nachdem bereits Steuergelder von Finanzminister Görke für den linken Landtagswahlkampf verwendet worden seien, sei der neue Vorgang um Markov ein weiteres Beispiel dafür, dass linke Amtsinhaber nicht ausreichend zwischen Partei- und Regierungsarbeit trennen. „Die Einheit von Partei und Staat sollte jedoch mit der friedlichen Revolution 1989 beendet worden sein“, sagte Redmann.
Parteienrechtler: Amtsbonus darf nicht für Parteizwecke genutzt werden
Der Parteienrechtler Martin Morlok von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität stuft das Schreiben Markovs auf PNN-Anfrage zumindest als grenzwertig ein. Mitglieder von Parteien dürften ihren Amtsbonus als Minister und auch Mittel des Amts selbst nicht für Parteizwecke nutzen, sagte er. Dies verlange der Amtsethos als Minister. Dennoch erlaube das institutionelle und parlamentarische Gefüge der Bundesrepublik durchaus, dass ein Europaminister eines Bundeslandes in einem Schreiben seine Parteifreunde in der Bundestagsfraktion um ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Europapolitik bitte. Problematisch sei aber, dass dieses Schreiben auch an die Partei selbst gerichtet sei. Zwar handle es sich nicht um einen Einzelfall, dies sei dadurch aber nicht gerechtfertigt.
Markov selbst sieht kein Problem. Seine Sprecherin sagte, die Kommunikation von Ministern mit demokratischen Parteien und Fraktionen gehört zu den normalen und legitimen Vorgängen. „Eine möglichst breite Zustimmung des Bundestags zur Griechenland-Hilfe lag im Interesse Brandenburgs“, sagte sie. Markov habe mit dem Brief auf eine öffentliche Debatte reagiert und als Brandenburger Mitglied des Bundesrats die Bundestagsabgeordneten seiner Partei darum gebeten, „einer Position zu folgen, die im Brandenburger Interesse liegt“. Auch die Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stößt sich nicht an dem Brief. Regierungssprecher Thomas Braune erklärte auf Anfrage schriftlich, eine „aussagekräftige Antwort“ der Sprecherin des Justizressort sei den PNN ja schon zugegangen.
Grundsätzlich hält Grüne-Fraktionschef Axel Vogel derlei Briefe von Ministern an ihre Faktionen für zulässig – aber nur wenn es eben um die Interessen des Landes geht. Doch darum geht es in dem Brief, wie von Markovs Sprecherin behauptet, keineswegs. Ganz im Gegenteil, wie Vogel findet: „Herr Markov sollte lernen, auf welchem Briefpapier, ob vom Ministerium oder von der Partei, er seine Briefe schreibt“, sagte er.
Kein Wort über Brandenburg
Vogel liest aus dem Schreiben vor allem Markovs offenbar noch immer vorhandenen „revolutionären Elan“ heraus. Von Brandenburgs Interessen kein Wort, stattdessen dies: Griechenland werde „wegen einer völlig verfehlten europäischen Politik von einer dramatischen Finanz- und Wirtschaftskrise heimgesucht“, „die historisch nur mit den Maßstäben der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren“ zu messen sei. Griechenland habe es aber erstmals in der europäischen Finanzkrise fertiggebracht, „die Euro-Gruppe wenigstens zu einem partiellen Abweichen vom bisher unumstrittenen Austeritätskurs zu zwingen“. Die Regierung in Athen habe in Europa den Raum geschaffen, „weitere Breschen in die Hegemonie der maßgeblich von Deutschland inspirierten Austeritätspolitik zu schlagen“. Markov hofft zudem auf weitere linke Regierungen in Europa. Vom Erfolg der neuen Regierung in Athen hänge es ab, ob auch in Spanien eine Linke-geführte Regierung einen ähnlichen Kurs einschlage und ob in Irland bald die linke „Sinn Fein“ zur stärksten Partei aufsteige. Es gehöre zu den solidarischen Verpflichtungen innerhalb der „Europäischen Linken Regierungen“, so Markov und Hoff, „die von ihren Mitgliedsparteien gestützt oder geführt werden, solidarisch zu begleiten“. Schließlich stimme die Linke damit auch über den Kurs der Partnerpartei Syriza in Athen ab. „Ein Nein würde uns dagegen in eine Reihe mit konservativen Teilen der Union und den Rechtspopulisten der AfD stellen“, schreiben Markov und Hoff abschließend und verbleiben mit „solidarischen Grüßen“. Brandenburgs Interessen spielten also – entgegen der Antwort des Ministeriums – keinerlei Rolle.
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