zum Hauptinhalt
Wie zu Königs Zeiten. Mit den 42,5 Millionen Euro, die seit 1991 investiert wurden, konnte unter anderem der Spiegelsaal (o.) restauriert werden. Besonders aufwendig war der Muschelsaal (l.).

©  B. Settnik, dpa

Brandenburg: Ein Schloss wird wachgeküsst

Mit einer Jubiläumsausstellung wird auf die Restaurierung von Schloss und Park Rheinsberg zurückgeblickt. Bekannt ist das kleine Refugium in Nordbrandenburg durch Preußenkönig Friedrich II., der hier seinen künstlerischen Neigungen nachging

Stand:

Rheinsberg - Ein unscheinbarer Brief in einer Vitrine – eilig getippt, ohne offiziellen Briefkopf, datiert vom 1. April 1991. Er trägt die Unterschrift des ersten Brandenburger Kultusministers nach der Wiedergründung des Landes, Hinrich Enderlein (FDP), und verfügt, dass Schloss Rheinsberg „mit sofortiger Wirkung“ öffentlich zugänglich gemacht werden solle. Doch der Eingangsstempel beweist: Der Brief traf erst am 13. Juni ein. Da hatten der damalige Direktor der Potsdamer Schlösserstiftung, Joachim Giersberg, und seine Mitarbeiter längst die Türen geöffnet und frischen Wind in das in der DDR als Sanatorium genutzte Haus gelassen. Es ist ein Schlüsseldokument, das die Zeit zurückbringt: In nur 5 Wochen, ab der Übergabe an die Schlösserverwaltung, wurden 20 Schlossräume hergerichtet und mit Kunstwerken ausgestattet, sodass am 6. Mai 1991 sich die Türen erstmals wieder für die Besucher öffneten.

„Rheinsberg 25 – Wiedererweckung eines Musenhofs“ heißt nun die Jubiläumsausstellung, mit der die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg auf 25 Jahre Restaurierung von Schloss und Park Rheinsberg zurückblickt, die Heinz Berg, der stellvertretende Generaldirektor, als eine besondere Erfolgsgeschichte charakterisiert: „Das hat es vorher nie gegeben und wird es so auch nie mehr geben.“ Ab 1991 sind immerhin insgesamt 42,5 Millionen Euro in die Restaurierung geflossen, rund 2 Millionen Gäste haben das Schloss seither besucht.

Zu den Glanzlichtern des royalen Gebäudes zählen die berühmte Bibliothek Friedrichs, die Gewölbten Kammern mit ihren Fresken, die Paradeschlafkammer des Prinzen Heinrich mit der gelben Seidentapete sowie der Spiegelsaal. Ein Höhepunkt des 25-jährigen Jubiläums in diesem Jahr ist der Abschluss der Arbeiten im frühklassizistischen Muschelsaal, ein Entwurf von Carl Gotthard Langhans (1732 bis 1808), dem Erbauer des Brandenburger Tores in Berlin. Als Speisesaal des Sanatoriums hatte er bis 1990 erhebliche Veränderungen und Schäden erlitten, restauriert wurde der kostbare Stuckmarmor an den Wänden, 200 Muscheln der Deckendekoration mussten ergänzt werden. Besucher können hier den Abschluss der Arbeiten verfolgen.

Die Jubiläumsausstellung ist ein gemeinsames Projekt der Schlösserstiftung, des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums im Schloss Rheinsberg und der Akademie der Künste, die in Schloss und Lustgarten sowie in der Galerie zeitgenössischer Kunst ausgewählte Kunstwerke und eigens für den Ort geschaffene Installationen von Mitgliedern und Stipendiaten der Akademie präsentiert. Bekannt wurde Rheinsberg als Refugium des späteren Preußenkönigs Friedrich II. (1712–1786) als Kronprinz, der von 1736 bis 1740 hier seinen künstlerischen Neigungen, vor allem der Musik, nachging. Unter seinem jüngeren Bruder Heinrich (1726–1802) entwickelte sich das Schloss ab der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem Ort der Fest-, Theater- und Musikkultur. In Werken von Künstlern wie Adolph Menzel und Literaten wie Theodor Fontane und Kurt Tucholsky setzte sich die Begeisterung für den malerisch am Grienericksee gelegenen Ort fort.

25 Stationen in den Schlossräumen und im Garten lenken den Blick auf viele Details, die von dem Prozess der Wiedergewinnung dieses preußischen Kleinods erzählen, aber auch von Zufällen, glücklichen Fügungen, die den Erfolg bestimmten. Kustos Detlef Fuchs bringt dabei die Gegenstände selbst zum Sprechen.

In der Bildergalerie etwa ist es die Geschichte der geradezu märchenhaften Rückkehr eines Gemäldes nach Rheinsberg. Das Werk eines französischen Künstlers war mit der gesamten Kunstsammlung nach dem Tod des Prinzen Heinrichs 1802 verkauft worden und hatte sich in Privatbesitz erhalten. Als die Eigentümer das wiedereröffnete Schloss Rheinsberg besuchten, waren sie so begeistert, dass sie das Bild an die Schlösserstiftung verkauften, sodass es seit 1995 wieder am originalen Ort zu sehen ist.

Eine andere Station zeigt Fundstücke aus dem Schlossdepot, darunter eine kopflose Büste des Prinzen Heinrich, die 1995 aus dem Rhin geborgen wurde, aber auch Schilder aus der Zeit des Diabetiker-Sanatoriums sowie eine Parkbank mit der Aufschrift „Nur für Patienten“. Und schließlich erinnert eine Station an den Wiederaufbau des kriegszerstörten Theaters und seine Eröffnung 1999 mit der Uraufführung der Oper Kronprinz Friedrich von Siegfried Matthus – ein Symbol für den wachgeküssten Musenhof Rheinsberg, von dem diese Ausstellung erzählt.

Die Ausstellung „Rheinsberg 25 – Wiedererweckung eines Musenhofes“ im Schloss und im Park Rheinsberg ist vom 1. Mai bis 31. Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

www.spsg.de

Sigrid Hoff

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })