Bundestagswahl in Brandenburg: Erdrutschsieg - ein Land wird schwarz
Die Sensation des Wahlabends: Die SPD verliert Brandenburg, die Union liegt mit 35 Prozent weit vor den Sozialdemokraten bei den Zweitstimmen. Die CDU Union gewinnt fast alle zehn Wahlkreise. Schierack: „Historischer Sieg ist Signal für die Landtagswahl.
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Es ist ein Erdrutsch-Sieg, den die Christdemokraten auch in Brandenburg einfahren, selbst im bislang „roten Land“, das bundesweit als Hochburg der Sozialdemokratie galt. Doch kurz nach 23 Uhr steht endgültig fest, dass die CDU mit klaren Vorsprung bei den Zweitstimmen auch in Brandenburg gewonnen hat: mit knapp 35 Prozent, vor der SPD mit rund 23 Prozent. Und vor den Linken mit etwas über 22 Prozent. 2009 hatte die Linke noch die Bundestagswahl hier gewonnen. Bündnis 90/Die Grünen liegen bei 4,3 Prozent, die FDP sackt auf 2,4 Prozent ab. Die eurokritische AfD kommt aus dem Stand auf 5,9 Prozent. Die rechtsextreme NPD erreicht 2,8 Prozent. Noch immer sind aber nicht alle Wahllokale ausgezählt.
Fest steht auch: Die SPD hat nur noch einen Wahlkreis in Brandenburg gewonnen: Wahlkreis 60 - Brandenburg/Havel/Havelland/Potsdam-Mittelmark: SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier siegte hauchdünn mit 33,1 Prozent zu 32,8 für Andrea Voßhoff (CDU).
Verloren hat damit auch die Potsdamer Spitzenkandidatin der SPD, Andrea Wicklein, ihren Wahlkreis - und damit auch ihren Sitz im Bundestag - Wicklein wwar nicht über die Landesliste abgesichert. Damit siehte erstmals in Potsdam die CDU: Katharina Reiche siegte hauchdünn mit 32,6 Prozent über Wicklein (32,2 Prozent).
Die Christdemokraten haben damit die politische Landkarte in Brandneburg zumindest für diese Wahl zwischen Uckermark und Lausitz verändert. 2009 holte die Union nur ein Direktmandat. „Es ist ein historischer Sieg. Das übersteigt die kühnsten Träume“, sagte CDU-Parteichef Michael Schierack in einer ersten Reaktion am Abend den PNN. Brandenburgs Union sei „wieder in der CDU Familie“ zurück, eine Anspielung auf die vielen Jahre, in denen man als „schlechteste CDU Deutschlands“ galt. Diesmal nicht mehr. Und für Schierack ist das ein klares Signal für das Wahljahr 2014, zunächst mit Kommunal- und Europawahl, für die Landtagswahl in Brandneburg im kommenden Jahr, bei der er als Spitzenkandidat für seine Partei antreten will. „Das Ergebnis der Budnestagswahl zeigt unser Potenzial. Und es zeigt, nach 22 Jahren ist in Brandenburg alles möglich.“ Er freue sich jedenfalls nun umso mehr auf den Landtagswahlkampf gegen den neuen Ministerpräsidenten und designierten SPD-Spitzenkandidaten Dietmar Woidke. „Es wird ein Wahlkampf auf Augenhöhe.“
Für Brandenburgs Sozialdemokraten ist das Ergebnis ein Schock. Zwar hatten sie damit gerechnet, dass es knapp wird, dass es schwer wird sich gegen den Budnestrend zu stemmen. Aber dass es so schlimm kommt, damit hatte man nicht gerechnet, dass selbst Frank-Walter Steinmeier, SPD-Bundestagsfraktionschef und Ex-Außenminister, im Wahlkreis 62 bis zuletzt um das Direktmandat zittern musste. Für den SPD-Landesverband räumte am Abend SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz die Niederlage ein. „Der Bundestrend, die absolute Mehrheit hat auch, voll auf Brandneburg durchgeschlagen“, sagte Geywitz. Mit dem dem kürzlichen Wechsel an der Spitze der Landesregierung, wo der bisherige Stimmbringer, Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) abtreten musste, habe das nichts zu tun. „Es ist ein reines Bundesergebnis.“ Und Platzeck Nachfolger? Er ist in Forst geblieben an diesem Tag, der für die SPD im Bund wie in Brandenburg ein rabenschwarzer wird Dietmar Woidke, Brandenburgs neuer SPD-Ministerpräsident und Vorsitzender der Landes-SPD, hatte einen Abstecher aus der Lausitzer Heimat ins Regine-Hildebrandt-Haus nach Potsdam gar nicht erst geplant. Die märkischen Genossen waren offensichtlich schon früh darauf eingestellt, bei der Bundestagswahl auf Landesebene – mindestens – ein mageres Ergebnis einzufahren. Wird der Ausgang ein Omen für die Landtagswahl 2014 sein? „Am Ende bleibt es eine Bundestagswahl“, hatte Woidke am Vormittag den PNN gesagt, nachdem er in einer Forster Grundschule, nahe seinem Wohnhaus, seine Stimmen abgegeben hatte. Es war schon eine vorahnende Antwort. Das „nur“ bei Bundestagswahl schwang bereits unausgesprochen mit. Und, er kritisierte den den Wahlkampf der Bundespartei, die den Kanzlerkandidaten nicht gut genug mit Themen verbunden habe. „Aus meiner Sicht gibt es da schon Gesprächsbedarf. Das sehen auch andere so, auch in anderen Bundesländern.“ Dennoch war Woidke zuversichtlich, dass das Ergebnis der SPD im Land „am Ende besser ist als das in anderen Bundesländern.“ Das sei „der Maßstab“.
Doch am Abend sah es so aus, als ob selbst dies nicht eintreten wird, die SPD in der Not auch hier zu neuer Bescheidenheit gewzungen wird. Allerdings, und darauf setzen die Genossen: 2009 hatte die SPD schon einmal die Budnestagswahl verloren, selbst mit Platzeck als Zugpferd – trotzdem parallel die Landtagswahl gewonnen.Sieger waren 2009 die Linken, die mit 28,5 Prozent die meisten Zweitstimmen holten, und vier der zehn Direktwahlkreise, vorher seit 1990 stets alle in SPD-Hand. Dieser Sieg der Linken war ein maßgeblicher Grund, weshalb Platzeck nach der Landtagswahl 2009 Rot-Rot wählte. Und seitdem, das Kalkül ging auf, hatten die Linken tatsächlich in den Umfragen, auch jetzt vor der Bundestagswahl, und auch jetzt bei der Wahl selbst.
„Der Bundestrend hat sich für die Schwarzen richtig ins Zeug gelegt. Das war ja ein glatter Durchmarsch“, sagte Linke-Fraktionschef Christian Görke am Abend. Da war noch Hoffnung, dass die parlamentarische Geschäftsfüherin der Bundestagsfraktion, Dagmar Enkelmann, vielleicht doch das einzige Direktmandat für die Linken holt, da knapp hinter CDU-Kandidat Hans-Georg von der Marwitz liegend. Einer der wenigen Krimis, neben Brandenburg an Havel mit Steinmeier, neben Potsdam und Potsdam-Mittelmark mit dem Frauenduell Wicklein-Reiche, die es gab.
Trotzdem reagierten die Linken mit Fassung. Dass sie selbst das Niveau von 2009 im Land nicht wieder erreichen würden, war von vornherein klar. Nein, Auswirkungen auf die rot-rote Regierungskoalition im Lande erwarte er keine, sagte Görke, der für die Linke 2014 als Spitzenkandidat zur Landtasgwahl antreten wird. Er sei sich sicher, egal wie die Bundesregierung Angela Merkels jetzt aussehen werde, dass Brandenburgs CDU das Ergebnis bei der Landtagswahl 2014 nicht wiederholen werde.
Aber vor dem Sonntag hätte auch niemand für möglich gehalten, nicht einmal die CDU, dass sich Brandenburgs Koordinaten so verschieben.
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