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Brandenburg: „Es bleibt, wie es ist“

Hartmut Mehdorn und Klaus Wowereit üben am BER den Schulterschluss in schwerer Zeit. Der Korruptionsskandal soll schnell aufgeklärt, die Entrauchungsanlage auch ohne Experten gebaut werden

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Berlin - Eigentlich hat er den Ruf, misstrauisch wie eine Katze zu sein. Aber diesmal hat Hartmut Mehdorn sein Instinkt im Stich gelassen. Dass ausgerechnet Ex-Technikchef Jochen Großmann, von dem er persönlich so viel hielt, jetzt den ohnehin von Pleiten begleiteten Airport in einen Korruptionskandal stürzt, macht dem Flughafenchef zu schaffen. Das war Mehdorn anzumerken, als er am Montag nach der dreistündigen Sondersitzung des Flughafenaufsichtsrates gemeinsam mit Klaus Wowereit in Tegel vor die Journalisten trat. Da sagte er nämlich: „Wir sind betroffen, auch ein Stück erschüttert und traurig, dass das, was uns Herr Großmann als Flughafen angetan hat, passieren konnte. Wir hätten das nicht für möglich gehalten.“ Erschüttert, traurig, betroffen, für einen Mehdorn waren das schon ziemlich ungewöhnliche Töne.

Und welche Folgen das hat, bleibt weiter unklar. Am Montag konnten und wollten weder Mehdorn noch Wowereit nach der Sitzung ausschließen, dass die Korruptions-Affäre zu weiteren Verzögerungen beim Bau des neuen Flughafens führt. Und das klang so: „Verbunden damit ist die Hoffnung, ich sage das bewusst mit einem Fragezeichen, dass sich ein zeitlicher Verzug nicht ergibt“, erklärte Wowereit. Mehdorn sekundierte: „Ich sage mal vorsichtig: Eigentlich dürfte da nichts passieren. Aber lassen Sie uns das noch überprüfen.“ Klarheit werde man bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 30. Juni haben. In diesem Zusammenhang verriet Mehdorn beiläufig, dass der Flughafen inzwischen einen präzisen internen Fahrplan für die Eröffnung des BER hat, der abgearbeitet werde – „und zwar tagesscharf“. Den Termin nannte er auch diesmal nicht. Angepeilt wird, wie berichtet, eine Eröffnung im Jahr 2016. Bislang. Die letzte Eröffnung war vor genau zwei Jahren verschoben worden (siehe Kasten).

Zunächst aber soll eine interne Taskforce, an der eine auf Korruptions-Recherchen spezialisierte Kanzlei beteiligt wird, alle Vergaben unter Mitwirkung Großmanns überprüfen. Es gehe um „vier oder fünf Zuschläge“, sagte Mehdorn. Derzeit sind die 15 Mitarbeiter Großmanns, die für den Flughafen tätig waren, freigestellt. Mehdorn ließ offen, ob sie weiter am BER tätig sein werden. Eine Sippenhaft dürfe es nicht geben. Die Frage, ob die Expertise der Dresdner Ingenieure ohne  Brüche nahtlos ersetzt werden kann, ist offen. Die Stelle Großmanns, der Mehdorns Inbetriebahmeprogramm „Sprint“ geleitet hat, soll nachbesetzt werden.

Vor der Sitzung hatte es Hinweise auf neue Vergabe-Ungereimtheiten gegeben. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin prüft eine weitere Strafanzeige, nach der Großmann eine bereits vorliegende Planung für die Entrauchungsanlage an eine befreundete Firma neu vergeben haben soll, wobei ein achtmonatiger Zeitverzug die Folge gewesen sei. „Wir prüfen, ob die Ermittlungen ausgeweitet werden“, erklärte Jürgen Schiermeyer von der Neuruppiner Staatsanwaltschaft. Auch der Vorwurf, dass Großmann die Probleme der Entrauchungsanlage 2013 gezielt aufgebauscht habe, um sich unersetzbar zu machen und Aufträge für die eigene Firma oder Geschäftspartner zu akquirieren, steht im Raum.

An diesem Punkt aber legten sich Mehdorn und Wowereit fest. Am von Großmann entwickelten Konzept, die Entrauchungsanlage durch die Aufteilung in drei beherrschbare Abschnitte in Gang zu bringen, wird nicht mehr gerüttelt. Mehdorn zeigte sich überzeugt, dass der Dresdner Professor „gute Arbeit“ geleistet habe. „Wir sind technisch auf dem richtigen Weg.“ Das sieht auch Wowereit so: „Es bleibt, wie es ist.“

Eines aber soll sich ändern: Als Konsequenz aus dem Großmann-Skandal will Mehdorn gegen Korruption härter vorgehen. „Wir haben null Toleranz gegen Korruption, weil auf so einer Großbaustelle immer viele in Versuchung geraten. Es gibt viele, die denken, sie sind schlauer als das System, aber sie sind es nicht“, sagte der Flughafenchef. „Die Falle hat zugeschnappt.“ Freilich, das stimmt nicht. Der Versuch Großmanns, eine halbe Million Bestechungsgeld abzuzweigen, war nicht vom Flughafen-Controlling entdeckt worden, sondern durch den Hinweis des beteiligten Planungsbüros. Alles komme auf den Prüfstand, versicherte Mehdorn. „Wenn da noch was ist, wir werden das finden. Wir dulden das nicht. Das verspreche ich Ihnen.“ Gleich noch so ein seltener Satz aus seinem Munde.

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