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Brandenburg: Ex-Stasi-Offizier – Woidke zieht Konsequenzen
Innenminister suspendiert einstigen Stasi-Vernehmer und heutigen Chef der Polizeiwache Cottbus nach neuen Berichten
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Potsdam/Cottbus - Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) will nach den neuen Stasi-Enthüllungen über den Chef der Cottbuser Polizeiwache, Uwe Skalske, Konsequenzen ziehen. Woidke bestätigte am Donnerstag den PNNl, dass Skalske „bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert werden soll“. Man sei in der „rechtlichen Prüfung“, sagte der Minister. Woidke reagierte damit auf einen Bericht des RBB-Magazins „Klartext“, wonach Skalske, von 1981 bis Februar 1990 hauptamtlicher Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes MfS im Bezirk Cottbus, Geständnisse von politischen Gefangenen erpresst haben soll.
Laut Stasi-Unterlagenbehörde BStU war er, wie berichtet, als Oberleutnant der Stasi Untersuchungsführer, also Vernehmer, der Abteilung IX. Nachdem „Klartext“ bereits Anfang März neue Unterlagen präsentiert hatte, erhoben dort nun ehemalige Opfer schwere Vorwürfe und forderten seine sofortige Ablösung. Zwar war Skalske vom Vorwurf der Erpressung 1995 in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Cottbus freigesprochen worden. Er war wegen „Anwendung eines Zwangsmittels um ein Geständnis zu erpressen“ angeklagt, hatte die Vorwürfe aber bestritten. Damals stand seine Aussage gegen die des einstigen Untersuchungshäftlings Frank Junkier. Jetzt wurden offenbar in der Stasi-Unterlagenbehörde Dokumente und Tonbandmitschnitte gefunden, die den Verdacht der Erpressung zumindest erhärten. Für Experten sind es geeignete Indizien dafür, dass Junkier 1995 in dem Prozess gegen Skalske die Wahrheit gesagt habe. In ihren Augen sei die Beweisführung des Stasi-Untersuchungsführers gegen den politischen Häftling zu DDR-Zeiten eine einzige Farce gewesen. Junkier sagte dem RBB: „Mein Geständnis wurde zum Teil von ihm erpresst, wofür ich zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt wurde. Er hat mich mit dem Schicksal meiner Lebensgefährtin und meiner kleinen Tochter so unter Druck gesetzt, dass ich alles unterschrieb, was er formuliert hatte.“ Er sei über Stunden hinweg vernommen worden.
Skalske hatte sich 1990/91 dem Personalüberprüfungsverfahren bei der Polizei Brandenburgs gestellt. Damals war laut Innenministerium trotz der bekannten Stasi-Tätigkeit kein Grund gesehen worden, ihn nicht in den Polizeidienst zu übernehmen. Woidke kann das nicht nachvollziehen. „Ich frage mich, wie ein hauptamtlicher Stasi-Vernehmer überhaupt in den Polizeidienst des Landes kommen konnte.“ Es sei doch klar gewesen, dass sich ein Stasi-Vernehmer „nicht mit Hühnerdieben“ befasst habe. „In höchstem Maße befremdet“ äußerte sich Woidke, dass es auf die Anfrage des Innenministers bei der Stasi-Unterlagenbehörde vom 16. März zum Fall Skalske lediglich eine formale Eingangsbestätigung, aber bisher keine Auskunft gegeben habe. Das erschwere den Umgang mit dem Fall.
Brandenburgs Stasi-Beauftragte Ulrike Poppe nannte es gegenüber der Nachrichtenagentur dapd als „problematisch“, dass der Mann nach der Wende überhaupt in den Polizeidienst übernommen wurde und sich dann so lange gehalten habe. Als Untersuchungsführer sei er besonders „dicht dran“ an den Opfern gewesen und habe das Unrecht mit eigenen Augen gesehen, sagte Poppe. „Er wusste genau, was er mit seinen Vernehmungen anrichtet.“
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