Cyberpolizist fordert Streifen im Netz: Experte: Mehr Polizei ins Internet
Potsdam - Der Internetexperte der Brandenburger Polizei, Deutschlands bekanntester Cyberpolizist Thomas-Gabriel Rüdiger, hat sich für eine Ausweitung der Polizeiaktivitäten im Internet und besonders in den sozialen Netzwerken ausgesprochen. Rüdiger, der Kriminologe an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg in Oranienburg ist, erklärte, Seiten der Polizei bei Facebook und Twitter seien wie Polizeiwachen, zu denen die Bürger auf eigene Initiative gehen müssten.
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Potsdam - Der Internetexperte der Brandenburger Polizei, Deutschlands bekanntester Cyberpolizist Thomas-Gabriel Rüdiger, hat sich für eine Ausweitung der Polizeiaktivitäten im Internet und besonders in den sozialen Netzwerken ausgesprochen. Rüdiger, der Kriminologe an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg in Oranienburg ist, erklärte, Seiten der Polizei bei Facebook und Twitter seien wie Polizeiwachen, zu denen die Bürger auf eigene Initiative gehen müssten. Rüdiger forderte zusätzlich sichtbare Polizeistreifen im Netz, um das Sicherheitsgefühl dort zu stärken. „Warum gibt es zum Beispiel den Dorfpolizisten für seine Gemeinde nicht auch im Netz?“, sagte er. „Wir haben uns als Gesellschaft bislang zu wenig gefragt, welche Rolle die Polizei im Netz grundsätzlich einnehmen soll.“
Das Internet habe sich zu einem weitgehend rechtsfreien Raum entwickelt – auch wenn immer wieder das Gegenteil betont werde. „Kaum ein Straftäter läuft eine Straße entlang, begeht Delikte wie Volksverhetzung oder Beleidigungen und trägt dabei auch noch sichtbar ein Schild mit seinen Namen – im Netz passiert dies aber täglich“, sagte Rüdiger. Aus seiner Sicht liegt das auch daran, dass es online zu wenige Kontrollen gibt.
Wie diese aussehen könnten, erklärte er am Beispiel Sachsen: Dort legte die Polizei die Streaming-Plattform Kino.to durch einen Warnhinweis, dass es sich um illegale Aktivitäten handeln kann, still. Ähnlich sei das in Brandenburg bei einer im Netz angekündigten Party an einem See gewesen, bei der die Beamten online betonten, dass sie es „toll finden, eine Party im Freien zu organisieren“, aber hinzufügten: „Wir gehen davon aus, dass der Veranstalter dies beim Naturschutz- und Grünflächenamt erledigt hat.“ In anderen Ländern geht die Polizei andere Wege. In den Niederlanden wurde etwa ein Polizist als Ansprechpartner in einem Online-Spiel für Kinder und Jugendliche eingesetzt, das im Verdacht stand, ein Tummelplatz für Pädophile zu sein. „In Großbritannien und den Niederlanden sind Tausende von Polizeibeamten im Netz vertreten und dienen direkt als Ansprechpartner für den Bürger im Sinne des sogenannten Community Policing“, so Rüdiger. „In Deutschland gibt es nicht einen einzigen Polizeibeamten, der als individueller Polizist dienstlich mit den Bürgern kommuniziert.“
Laut Rüdiger gibt es in Deutschland inzwischen rund 90 aktive Accounts von Polizeibehörden. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 19. Seitdem auch die Polizei im Saarland seit diesem Sommer facebookt, seien alle Länder- und Bundespolizeien im Netz vertreten. Auch Brandenburgs Polizei gehört zu den Spätzündern, hat sich allerdings zügig entwickelt. Seit Ende Juli 2015 ist die Polizei bei Facebook vertreten, seit April 2016 auch bei Twitter. Der Kurznachrichtendienst hat sich für die Polizei inzwischen bei Verkehrssicherheitsaktionen, aber auch bei Demonstrationen oder besonderen Lagen wie bei den Musikfestspielen oder zuletzt beim OSZE-Treffen in Potsdam bewährt – besonders, um die Bürger über den Stand etwa bei Straßensperren zu informieren. Selbst eine Video-Botschaft mit dem Vize-Polizeipräsidenten Roger Höppner war dabei. Es zeigt sich aber auch: Personell ist die Social-Media-Gruppe der Polizei dünn besetzt.
Inzwischen hat die Debatte über die Aktivität der Polizei im Internet weiter an Fahrt gewonnen – nach dem Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum in München. Bei dem Verbrechen mit neun ermordeten Menschen zeigte sich, wie sehr sich die Kommunikation der Polizei verändert hat. Twitter und Facebook spielten in der Amoknacht eine große Rolle. In rasender Geschwindigkeit verbreiteten sich tatsächliche Neuigkeiten und Falschmeldungen gleichermaßen. Michael Haug von der Deutschen Polizeigewerkschaft sagte, die Tendenz zur Nutzung von sozialen Medien sei wichtig für die Krisenkommunikation. Und die könne schließlich im Ernstfall nur funktionieren, wenn eine Polizeibehörde bereits über eine gewisse Anzahl an Followern bei Twitter und Fans auf Facebook verfüge. dpa/axf
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