Brandenburg: Falscher Stasi-Vorwurf isoliert CDU-Chef Empörung in Potsdam: Schönbohm will sich nicht bei Enkelmann entschuldigen. Die zeigte ihn gestern an
Von Michael Mara und Thorsten Metzner Bernau / Potsdam - Politiker aller Parteien sind sich einig: Die Schlagzeilen, die Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) derzeit produziert, seien „ziemlich verheerend“. Erst am Donnerstagmittag überstand Schönbohm im Landtag einen Entlassungsantrag der PDS wegen seines Proletarisierungsvorwurfs an die Ostdeutschen.
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Von Michael Mara und Thorsten Metzner Bernau / Potsdam - Politiker aller Parteien sind sich einig: Die Schlagzeilen, die Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) derzeit produziert, seien „ziemlich verheerend“. Erst am Donnerstagmittag überstand Schönbohm im Landtag einen Entlassungsantrag der PDS wegen seines Proletarisierungsvorwurfs an die Ostdeutschen. Aber schon wenige Stunden später leistet er sich den nächsten Fauxpas: Auf einer Wahlveranstaltung am Donnerstagabend mit der CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel in Potsdam warf er der PDS-Spitzenkandidatin für den Bundestag, Dagmar Enkelmann, Stasi-Mitarbeit vor. Prompt stellte Enkelman, die nach eigenen Angaben nie für die Stasi gearbeitet hat und als Bundestagsabgeordnete mehrmals überprüft worden ist, am Freitag in Bernau Strafanzeige wegen Verleumdung: „Es ist eine jener gezielten Provokationen für die Herr Schönbohm bekannt ist“, sagte sie. Eine öffentliche Entschuldigung sei das mindeste, was sie von Schönbohm erwarte, da der Vorwurf vor laufenden Kameras erhoben wurde. Sie verwahrte sich auch gegen Schönbohms Aussage, dass ein solcher Vorwurf für eine PDS-Politikerin „ja nicht ehrenrührig“sei. Schönbohm, der gestern Abend im kleinen Kreis seinen 68. Geburtstag feierte, lehnt eine öffentliche Entschuldigung jedoch ab. Er habe gegenüber Journalisten klargestellt, Enkelmann mit dem innenpolitischen PDS-Sprecher Hans-Jürgen Scharfenberg „verwechselt“ zu haben. „Ich bedauere die Verwechslung, das muss reichen“, sagte Schönbohm am Freitag den PNN. Nicht nur für Scharfenberg ist die Verwechslung „rätselhaft“. Er mache sich „ernsthaft Sorgen, ob die Sicherheit des Landes bei so kurz aufeinander folgenden Blackouts des Innenministers gewährleistet ist“, erklärte der Linkspartei-Chef Lothar Bisky. Grünen-Landeschef Joachim Gessinger sagte: „Brandenburgs Innenminister scheint die Kontrolle über das, was er sagt, verloren zu haben.“ Er sei „seinem Amt nicht mehr gewachsen“. In der SPD, die am Donnerstag gegen Schönbohms Entlassung votierte, ist man fassungslos: „Schönbohm darf es nicht auf die Spitze treiben“, warnte SPD-Fraktionschef Günter Baaske. Er rate ihm deshalb, sich schnell bei Enkelmann zu entschuldigen. „Er verhält sich wie ein proletarisierter Wessi“, sagte ein anderer SPD-Politiker. „Schönbohm hat aus der Debatte im Landtag offenbar nichts gelernt“, kommentierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert. Der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin glaubt, dass Schönbohm „dringend psychische Entspannung braucht“. Seine Aussagen seien schädlich „für ein vernünftiges Klima in Koalition und Landtag“. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) habe deutlich gemacht, was er von Schönbohm erwarte. „Wenn er dazu nicht in der Lage ist, muss man über Konsequenzen nachdenken.“ Am tiefsten sitzt der Frust allerdings in der CDU, die nach Schönbohms Ausrutschern um den Wahlerfolg bangen muss. Enkelmanns CDU-Gegenkandidat in Barnim/ Märkisch-Oderland Dierk Homeyer „will das alles nicht mehr kommentieren“. „Solche Attacken gegen die PDS bringen nichts“, äußert der Frankfurter CDU-Direktkandidat Knut Paul. Der frühere Grenztruppen-Offizier wünscht sich von seinem Parteichef einen „differenzierteren Umgang mit der DDR“. Schönbohm treibe der PDS die Wähler zu, kritisieren nicht wenige CDU-Politiker. Nur Fraktionschef Thomas Lunacek wiegelte gestern ab: „Bei so vielen IMs in der PDS ist es schwer, den Überblick zu behalten.“
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