Von Personalquerelen geprägt: FDP ohne Mut zur Debatte
In Umfragen schwankt die FDP in Brandenburg zwischen zwei und drei Prozent. Personalquerelen sorgen seit langem immer wieder für Unruhe. Parteichef Gregor Beyer will Kante zeigen.
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Potsdam - Rainer Siebert, Urgestein der FDP in Brandenburg und deren langjähriger Schatzmeister, hatte gleich zu Beginn der Landesvertreterversammlung genug. Wütend verließ er die Gaststätte Bismarckhöhe in Werder (Havel), wo seine Partei am Samstag in Brandenburgs angeblich schönstem Ballsaal die Landesliste für die Bundestagswahl im Herbst 2013 bestimmt hat. „Ich weiß nicht, was ich hier noch zu suchen habe“, sagte er. Auslöser waren die von FDP-Landeschef Gregor Beyer ausgelösten Querelen um seine Stellvertreterin Linda Teuteberg – und dass Beyer und die Parteitagsregie keinerlei Willen zeigten, darüber zu reden.
Siebert hatte bei der Abstimmung über die Tagesordnung eine Aussprache über das Erscheinungsbild von Partei und Landtagsfraktion beantragt, und zwar nach der Rede von Landeschef Beyer. Laut über ein Mikrofon und in aller Ruhe begründen konnte Siebert den Antrag nicht. Das Versammlungspräsidium wies gleich darauf hin, dass derartige Aussprachen bei einer Landesvertreterversammlung unüblich seien. Zwei Drittel der rund 190 Anwesenden lehnten Sieberts Vorstoß ab.
„Es kann nicht sein, dass man nach einer Rede des Parteivorsitzenden nicht kritisch nachfragen kann“, sagte Siebert. „Dass es keine Aussprache gibt, das hat es noch nicht gegeben. Das ist erschreckend.“ Die Art und Weise der Auseinandersetzungen in der Parteiführung könne sich die FDP in dieser Lage, mit Umfragewerten von zwei Prozent, nicht leisten. „Und es gibt gar keinen Grund für diese dämliche Personaldiskussion“, schnaubte Siebert, nahm seinen Mantel und ging.
Und doch überschattete diese Personaldiskussion um die 31-jährige Landtagsabgeordnete Teuteberg, die beim Landtagswahlkampf 2009 auf den Großplakaten das Gesicht der märkischen FDP war, das Parteitreffen. In seiner Rede forderte Beyer genau die Offenheit, die Siebert zuvor verwehrt wurde. „Friede, Freude, Eierkuchen ist kein Rezept für eine produktive Zukunft“, sagte Beyer. In der brandenburgischen Politik gebe es ein unheilvolles Verlangen nach Harmonie. Konflikte würden stets mit einer Konsenssoße übertüncht. Dabei müssten Probleme doch offen angesprochen werden. Noch in der Woche zuvor hatte Beyer Teuteberg mangelnde Loyalität und Einsatzbereitschaft im Landesvorstand vorgeworfen, zudem sei sie verantwortlich für Indiskretionen und Gerüchte, auch wenn er das nicht abschließend beweisen könne. Unmittelbar vor dem Parteitag hatte der Templiner FDP- Ortsvereinschef Alexander Genschow deshalb Beyer zum Rücktritt auffordert. Doch im Ballsaal fiel zu all dem kein Wort.
Jetzt will Beyer mit klaren Prioritäten und deutlicher Haltung seine Partei aus dem Umfragetief holen. „Mut zur Debatte und Haltung in der Debatte – das muss unser Stil sein“, sagte Beyer mit Blick auf anstehende Wahlen auf Bundes- und Landesebene. Dazu will er die knapp 1400 Mitglieder des Landesverbandes besser einbinden. Es soll regelmäßig Konferenzen mit den Ortsvorsitzenden geben.
Für die Bundestagswahl 2013 schickt die FDP jetzt Martin Neumann als Spitzenkandidaten ins Rennen, 2009 war er die Nummer zwei hinter Ex-Landeschef Heinz Lanfermann. Der 56-jährige Neumann kam mit knapp 75 Prozent der Stimmen auf Platz eins der Landesliste. 45 Delegierte stimmten gegen ihn, drei enthielten sich. Es war ein klarer Denkzettel für Neumann, indirekt auch für Beyer. Später hieß es in einer Pressemitteilung der Landespartei: „Liberale feiern Martins Tag“ - einen Tag vor dem Martinstag.
Dabei entwickelte die Vertreterversammlung doch noch eine ganz eigene Dynamik. Listenplatz zwei holte der 23-jährige Jura-Student Max Koziolek aus Falkensee (Havelland). Er setzte sich klar gegen den Potsdamer FDP-Kreischef Marcel Yon durch. Auslöser mag auch die Frage einer Parteikollegin an die vier Bewerber gewesen sein, wer – entsprechend der üblichen Gepflogenheiten – auch Direktkandidat in seinem Wahlkreis sei. Yon war es als Einziger nicht. Im Oktober war er damit gescheitert, sich als Direktkandidat für den Wahlkreis Potsdam/Potsdam-Mittelmark aufstellen zu lassen und bewarb sich trotzdem in Absprache mit Beyer um Listenplatz zwei. Auf Platz drei landete Jacqueline Krüger, jene Potsdamerin, die sich gegen Yon bei der Direktkandidatur durchgesetzt hatte.
Eine Aussprache in der Landes-FDP aber wird es nun erst im Frühjahr beim Parteitag geben. Dann wird auch der Vorstand neu gewählt.
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