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Gewinner vor Gericht. Der einstige BER-Chef Rainer Schwarz – hier beim Prozessauftakt – hatte gegen seinen Rauswurf geklagt. Zur Urteilsverkündung kam er nicht.

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Brandenburg: Fertig machen zum Abheben

Rainer Schwarz klagt erfolgreich gegen seinen Rauswurf und muss weiterbezahlt werden. Nun kassiert der frühere BER-Chef mehr als eine Million Euro. Die Opposition kritisiert den Aufsichtsrat

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Mehr als ein Jahr nachdem die Eröffnung des Großflughafens BER verschoben werden musste und das gesamte Planungs- und Bauchaos bekannt wurde, erhielt Rainer Schwarz, Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, im Juni 2013 die fristlose Kündigung. Zu Unrecht – wie am Donnerstag das Landgericht Berlin befand. Und der Vorsitzende Richter Björn Retzlaff stellte klar: Die Kammer habe nicht darüber geurteilt, ob Schwarz es verschuldet hat, dass der Flughafen nicht eröffnet werden kann, sondern ob es wichtige Gründe gab, die eine Kündigung – zumal eine fristlose – gerechtfertigt hätten. Und diese konnte das Gericht nicht erkennen. Es sah keine schwerwiegende Pflichtverletzung des heute 57-Jährigen. Dementsprechend hat er Anspruch auf Weiterzahlung seines Gehalts und erhält nun für die Monate seit seiner Kündigung 234 000 Euro plus Zinsen. Bis zum Ende seines Vertrages im Mai 2016 werden ihm monatlich 29 000 Euro gezahlt. Zudem müssen einmalig 139 000 Euro für seine Altersvorsorge an die Versorgungskasse abgeführt werden. Damit entstehen Ansprüche in Höhe von rund einer Million Euro. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Ob das geschehen wird, ist unklar. Vom Regierenden Bürgermeister und BER-Aufsichtratschef Klaus Wowereit (SPD) hieß es: „Die Flughafengesellschaft ist aufgefordert, zu prüfen, ob das Urteil akzeptiert werden muss. Diese Prüfung bleibt abzuwarten.“ Und die Flughafengesellschaft wollte das Urteil ebenfalls noch nicht kommentieren; erst müsse die schriftliche Urteilsbegründung vorliegen.

Leichter hatte es die Linken-Abgeordnete Jutta Matuschek, die im Berliner BER-Untersuchungsausschuss sitzt. Sie sprach von einer „Ohrfeige für den Aufsichtsrat“. Dieser könne sich nicht mehr dahinter verstecken, dass er nicht gewusst habe, wie kritisch es um die Eröffnung stand. Denn Richter Retzlaff führte in der mündlichen Begründung aus, dass die Kündigung vor allem darauf gefußt habe, ob der Geschäftsführer seiner Informationspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat nachgekommen ist. „Er hat seine Informationspflicht nicht schwerwiegend verletzt“, sagte Retzlaff.

Bereits ab Februar sei auch dem Aufsichtsrat klar gewesen, dass die Eröffnung des Flughafens fraglich sei und es Probleme mit einem ordnungsgemäßen Brandschutz gebe. Zu dem Zeitpunkt sei über Behelfslösungen diskutiert worden. „Man wusste, dass die Lage kritisch und eine Eröffnung nur mit der Brechstange möglich war“, sagte Retzlaff. Die Eröffnung war für Juni 2012 vorgesehen und wurde drei Wochen vorher im Mai abgesagt. „Im März gab es aber noch die Hoffnung, den Termin zu retten“, sagte Retzlaff. Deswegen sei es auch rückblickend nicht als Pflichtverletzung zu werten, dass der Geschäftsführer den „Kampf noch nicht verloren“ gegeben habe. Auch dass Schwarz wichtige Geschäftsunterlagen behalten hat, war für das Gericht kein Kündigungsgrund. Die Papiere habe Schwarz auch benötigt, um vor Gericht seine Interessen vertreten zu können. Jetzt muss Schwarz laut dem Urteil allerdings alle Unterlagen herausgeben.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus Antje Kapek sieht in dem Urteil einen Handlungsauftrag an den künftigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), nach dem „Chaos und der Stümperei“ der vergangenen Jahre müssten vernünftige Strukturen geschaffen werden, zudem müssten endlich externe Experten in den Aufsichtsrat berufen werden. Brandenburgs Grüne nannten es „bitter für den Steuerzahler“, dass er für das „Schweigegeld“ für Schwarz aufkommen müsse. Auch die Brandenburger CDU-Fraktion fordert Sachverstand von außen. „Der Aufsichtsrat ist seiner Kontrollfunktion nicht ausreichend nachgekommen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Rainer Genilke.

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Schwarz Ende des Jahres Geschäftsführer des Flughafens Rostock-Laage wird. Laut seinem Anwalt Peter Rölz könnten dann die monatlichen Zahlungen der Berliner Flughafengesellschaft geringer ausfallen, da das neue Einkommen berücksichtigt und angerechnet werden muss.

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