Brandenburg: Frage der Moral
Von Thorsten Metzner Der Fall taugt dazu, alle Vorurteile über die Selbstbedienungsmentalität von Politikern zu belegen: Nur einige Monate nach dem damals für viele nicht nachvollziehbaren Rücktritt heuert Brandenburgs Ex-Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) bei der Deutschen Bahn AG an, der er Ende 2002 ohne Ausschreibung ein Milliardengeschäft verschaffte. Ein Schelm, wer nicht Arges dabei denkt: Ein Politiker mit politisch-moralischem Anstand tut das nicht.
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Von Thorsten Metzner Der Fall taugt dazu, alle Vorurteile über die Selbstbedienungsmentalität von Politikern zu belegen: Nur einige Monate nach dem damals für viele nicht nachvollziehbaren Rücktritt heuert Brandenburgs Ex-Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) bei der Deutschen Bahn AG an, der er Ende 2002 ohne Ausschreibung ein Milliardengeschäft verschaffte. Ein Schelm, wer nicht Arges dabei denkt: Ein Politiker mit politisch-moralischem Anstand tut das nicht. Wegen des bösen Scheins wäre es selbst dann fragwürdig, wenn Brandenburgs Milliardenvertrag über alle Zweifel erhaben wäre – was er nicht ist. Im Gegenteil, es sieht ganz danach aus, dass dem Land beträchtlicher Schaden entstanden ist. Es spricht für sich, dass damals viele warnten, dass Brüssel interveniert, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Bedenken teilt, dass der frühere Bahnmanager (!) und heutige Finanzsenator Thilo Sarazzin eine Unterschrift Berlins unter den zu großzügigen Bahnvertrag verhinderte. Und jetzt, Bahnberater Meyer? Es ist an der Zeit, mit der Ost-West-Legende aufzuräumen, dass sich märkische Sozialdemokraten allenfalls im hehren Ringen um das Gemeinwohl in Affären verstricken. Mit Häme zeigte die SPD bisher auf die zurückgetretenen CDU-Minister Kurt Schelter, Wolfgang Fürniß und Wolfgang Hackel, die Privatinteressen über das öffentliche Amt stellten. Nun zeigt sich, dass Genossen mit Ost-Vita nicht weniger anfällig sind: Erst der wegen Subventionsbetruges verurteilte Ex-Agraminister Edwin Zimmermann, oder jetzt Meyer, der trotz oder wegen seines Lobbyistenvertrags wieder in den Landtag will. Um so erstaunlicher ist der Umgang der Brandenburger SPD mit der Affäre. Für SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch liegt der neue Meyer-Job „im Interesse Brandenburgs“. Von Ministerpräsident Matthias Platzeck ist bislang kein kritisches Wort zu vernehmen, obwohl er immer wieder – zuletzt bei der Trennungsgeld-Affäre – höchste politisch-moralische Maßstäbe einforderte. Weil sich „Cleverle“ Meyer vor seiner Milliardenunterschrift den Segen Platzeck holte? Weil die einen Sieg der Union fürchtende SPD mangels Alternative selbst auf einen beschädigten Landtags-Kandidaten Meyer nicht verzichten mag? Erst bei schwierigen Entscheidungen zeigt sich, ob politische Moral etwas zählt.
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