Burn-out: Früh-Pensionäre: Brandenburg hält Ost-Negativrekord
Jeder vierte Beamte geht dienstunfähig früh in Rente mit fünfzig Jahren - vor allem Lehrer und Polizisten.Innenminister Woidke will der Sache auf den Grund gehen.
Stand:
Potsdam - Beim Burn-out von Staatsdienern ist Berlin schon lange Spitzenreiter in Deutschland – doch Brandenburg zieht nach. Der Landesrechnungshof schlägt jetzt Alarm, weil im Vergleich aller ostdeutschen Länder das brandenburgische Niveau bei Frühpensionierungen von Beamten überdurchschnittlich hoch ist und zu einer wachsenden Belastung für den Landeshaushalt wird. Nach dem aktuellen Jahresbericht der Finanzkontrollbehörde wird jeder vierte Beamte in Brandenburg wegen von Amtsärzten attestierter Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt, und das mit knapp 50 Jahren, in Berlin ist es jeder Dritte. Innenminister Dietmar Woidke (SPD), für die Landesbeamten zuständiger Minister, will nun der Sache auf den Grund gehen.
„Wir nehmen den Befund ernst: Es ist belastend für die Leute selbst, aber auch für den Arbeitgeber, wenn dringend benötigte Fachkräfte ausfallen, und für die Finanzen des Landes wegen der Versorgungslasten“, sagte Woidke am Montag den PNN. Man werde die Anregung aufgreifen und „detailliert untersuchen lassen, was die Ursachen sind, ob es regionale Unterschiede gibt und welche Krankheiten zu den vorzeitigen Pensionierungen führen.“ Auch die Empfehlung, über einen zentralen amtsärztlichen Dienst ähnlich wie bei der Polizei auch für die Landesverwaltung insgesamt nachzudenken, werde man prüfen.
Tatsächlich ist in keinem Ost-Bundesland der Anteil der Frühpensionierungen an den Gesamt-Pensionierungen so hoch wie in Brandenburg mit 24,4 Prozent lag, nach der letzten bundesweiten Statistik 2009. Weder Regierung noch Rechnungshof gehen aber davon aus, dass sich seitdem die Lage entspannt hat. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Anteil der Früh-Ruheständler nur bei 13,3 Prozent, in Sachsen bei 17,4 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 8,7 Prozent und in Thüringen bei 15,2 Prozent. In Berlin ist er seit Jahren stabil bei über 30 Prozent, dem bundesweiten Spitzenwert. Auch Brandenburg hatte früher einmal – 2005, 2006, 2007 – Werte über 30 Prozent, im Schnitt der alten Länder waren es im Jahr 2009 dagegen nur 19,9 Prozent, der neuen Länder 15,7 Prozent, bei Bundesbeamten rund zwölf Prozent.
Für Brandenburgs Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes sind die Befunde nicht überraschend, liegen die Ursachen nämlich in der extremen Arbeitsbelastung insbesondere bei Lehrern und Polizisten, den beiden größten Beamtengruppen Brandenburgs, bei denen es auch das Gros der Frühpensionierungen gibt. So brachte erst jüngst ein Gesundheitsbericht für die Landespolizei zutage, dass rund 800 Polizisten – also jeder zehnte – wegen Langzeiterkrankungen ständig außer Gefecht ist, weitere knapp 500 Polizisten nur „eingeschränkt verwendungsfähig“ sind. In den Schulen sieht es mit rund 500 langzeiterkrankten Lehrern nicht besser aus. Nach einer früheren Studie der Universität Potsdam ist etwa jeder fünfte Lehrer in Brandenburg burn-out-gefährdet. Angesichts der „immensen Arbeitsbelastung“, der höheren Pflichtstundenzahl als in anderen Ländern und des höheren Alters des Lehrkörpers seien die hohen Krankenstände und Frühpensionierungen nicht verwunderlich, sagt etwa Gunter Fuchs, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Am 21. November haben Schulpersonalräte zur landesweit bislang größten Protestaktion für bessere Arbeitsbedingungen aufgerufen, alle Schulen sollen geschlossen bleiben. Für die Opposition liegt das Grundübel im „ineffizienten Personalmanagement“ des Landes, wie der CDU-Finanzexperte Ludwig Burkhardt sagte. Auch dauern die Verfahren zu lange, was noch zusätzlich Geld koste. „Man muss die Abweichungen untersuchen, auch im Abgleich mit den Krankenkassen.“ Er wolle nicht hoffen, dass die Praxis zu lax sei. Und FDP-Fraktionschef Andreas Büttner sagte, das Land müsse mehr für Gesundheitsprävention seiner Staatsdiener tun und den Personalabbau bei der Polizei stoppen.
- Alexander Dobrindt
- Brandenburg
- Dietmar Woidke
- Gesundheit
- Hochschulen
- Lehrer
- Rente
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: