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Von Susann Fischer: Gedenken mit Zeitzeugen
Überlebende der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück erinnern an Befreiung vor 65 Jahren
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Oranienburg/Fürstenberg - Begegnungen mit Überlebenden des Nazi-Terrors liegen Günter Morsch besonders am Herzen. Immer wieder ermuntert der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten die Menschen zu Gesprächen mit Zeitzeugen des Hitler-Regimes. Lange böten sich solche Gelegenheiten nicht mehr, mahnt Morsch. Zeugen der Ereignisse dieser Zeit seien heute hochbetagte Menschen, viele seien bereits gestorben. Am Wochenende werden mehr als 300 Zeitzeugen und ehemalige Häftlinge der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück in Oranienburg und Fürstenberg erwartet. Die Mahn- und Gedenkstätten erinnern mit zahlreichen Veranstaltungen an die Befreiung der Konzentrationslager vor 65 Jahren.
In beiden Gedenkstätten werden nach Angaben der Stiftung jeweils rund 150 Überlebende erwartet. 66 Zeitzeugen kommen aus Polen, 52 aus Israel und 37 aus der Ukraine. Weitere ehemalige Häftlinge der Konzentrationslager werden unter anderem aus Australien, Estland, Italien, Norwegen, Ungarn und den USA anreisen. Mit ihnen sind am Wochenende mehrere Gespräche geplant. In Sachsenhausen wird am Samstag bei einem „Tag der Begegnung“ gemeinsam mit Überlebenden die Ausstellung „Das kann man gar nicht begreifen, dass man plötzlich frei ist“ eröffnet. Vorgesehen ist auch ein Gesprächsforum für Angehörige ehemaliger Häftlinge.
Bereits am Freitag wird in Anwesenheit von Zeitzeugen die Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald bei Wittstock als pädagogische Projektwerkstatt wiedereröffnet. Das Museum ist nach zwei Anschlägen seit Juli 2008 umgebaut worden. Außerdem entstand in dem Wald, wo Ende April 1945 mehr als 16 000 Häftlinge des KZ Sachsenhausen für mehrere Tage unter freiem Himmel und nahezu ohne jede Versorgung lagern mussten, eine Open-Air-Ausstellung zur Geschichte der Todesmärsche. Die Neugestaltung des Todesmarsch-Museums kostete nach Angaben des Kulturministeriums 753 000 Euro.
Höhepunkt der Veranstaltungen in Ravensbrück wird nach Angaben der Leiterin Insa Eschebach die Aufführung einer Operette sein, die eine französische Inhaftierte in dem KZ geschrieben hat. Germaine Tillion gehörte in dem Frauen-Konzentrationslager von 1943 bis 1945 zu den sogenannten Verfügbaren, die keinem festen Arbeitskommando zugeordnet waren. Ihre französischen Kameradinnen schützten sie, so dass Tillion versteckt in einer Kiste die Verhältnisse im Lager beobachten und die Operette darüber schreiben konnte.
Am Montag soll ferner nach Angaben der Stiftung der Grundstein für den „Geschichtspark Klinkerwerk“ gelegt werden. In dem Außenlager des KZ Sachsenhausen mussten Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Morsch will auf dem Gelände für mehrere Millionen Euro einen Geschichtspark errichten. Allerdings ist die Finanzierung völlig offen. Das Land fördert zunächst mit rund 220 000 Euro Gedenktafeln und ein Informationssystem.
Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat nach Ministeriumsangaben von 1999 bis 2009 mehr als 13 Millionen Euro zur Umgestaltung der Mahn- und Gedenkstätten erhalten. Zusammen mit Bundesmitteln belief sich die Förderung auf 39 Millionen Euro.
Zunächst lag der Schwerpunkt in Sachsenhausen, jetzt wird vordergründig in Ravensbrück gebaut. In dem größten Frauen-KZ der Nazis wird derzeit eine Hauptausstellung eingerichtet, die 2012 eröffnet werden soll.
Die Begegnungen mit den Überlebenden von Ravensbrück und Sachsenhausen am Wochenende werden ebenfalls von Land und Bund unterstützt, wie Morsch betont. So werden für rund 360 Zeitzeugen samt Begleitpersonen Reise- und Aufenthaltskosten übernommen.
Insgesamt stellen Land und Bund für die Gedenkveranstaltungen 580 000 Euro bereit. Die Zeitzeugen werden von rund 100 ehrenamtlichen Helfern betreut. Morsch betont, die Veranstaltungen böten „vielleicht zum letzten Mal unvergessliche Begegnungen und Gespräche mit Überlebenden“.
Susann Fischer
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