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Geldregen aus Brüssel : Zwei Milliarden Euro für die Mark
Bis 2027 fließen aus Brüssel knapp zwei Milliarden Euro nach Brandenburg. Die Förderprogramme sind jetzt zum Abruf geschaltet.
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Alles muss raus. Brandenburg hat die aktuellen EU-Förderprogramme freigeschaltet, mit denen die Mark aus Brüssel bis 2027 über zwei Milliarden Euro erhalten kann. „Bitte lasst kein Geld liegen! Wir wollen keine Bank spielen, sondern dass die Mittel den Menschen vor Ort zugutekommen“, erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Jörg Steinbach (SPD) am Mittwoch in der Potsdamer Schinkelhalle. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Es müsse schnell gehen, sagte auch Anna-Lena Zademach-Schwierz von der EU-Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung. „Die Mittel sollen abfließen.“ Dazu sei es nötig, dass alle an einem Strang ziehen. „Das ist eine große Herausforderung.“
Rund 300 Gäste von Kommunen, Trägern, Kammern und Verbänden nahmen an der Auftaktveranstaltung „Fit für den Wandel“ teil, um sich über die aktuellen EU-Programme in der Mark zu informieren. Aus den Brüsseler Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem neuen Just Transition Funds (JTF) für die Energiewende und dem Europäischem Sozialfonds Plus (ESF+) können in der laufenden Förderperiode etwa Projekte der Energiewende, der Digitalisierung inbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen, Bildung und Inklusion, der wirtschaftlichen und sozialen Transformationen in der Lausitz oder in der Uckermark um die Raffinerie Schwedt gefördert werden.
Bitte lasst kein Geld liegen! Wir wollen keine Bank spielen, sondern dass die Mittel den Menschen vor Ort zugutekommen.
Wirtschafts- und Arbeitsminister Jörg Steinbach (SPD)
Mit den nationalen Eigenanteilen von Land und Bund macht der Geldregen aus Brüssel laut Steinbach sogar rund drei Milliarden Euro aus: „Und das ist keine Selbstverständlichkeit!“ Denn der Kerngedanke der sogenannten Koäsionspolitik der Europäischen Union sei ja, dass die ärmeren Mitgliedsstaaten auf Augenhöhe mit reicheren Ländern kommen sollen. Deutschland sei der wirtschaftlich stärkste EU-Mitgliedsstaat und auch in Brandenburg sei die wirtschaftliche Lücke nach der Aufbauleistung seit 1990 und mithilfe der EU „zu großen Teilen geschlossen“, so der Minister.
„Wir haben uns auch in Brandenburg daran gewöhnt, dass die EU-Gelder gewissermaßen Teil der Grundförderung von Institutionen sind“, erklärte Steinbach. Das werde aber nicht ewig weitergehen. Gleichzeitig gebe es insbesondere in der Fläche nach wie vor Nachholbedarf. Und er sei froh, dass über Gelder aus Brüssel etwa die Digitalisierung kleiner und mittlerer Firmen im Land gefördert werden könne, so Steinbach. Konkret sei das extrem schwierig. „Es gibt Betriebe, die können es sich nicht leisten, einen Mitarbeiter auch nur eine Woche zur Weiterbildung zu schicken.“ Doch angesichts des Arbeitskräftemangels und der Demografie sei Digitalisierung die einzige Chance, „mit weniger Mitarbeitern bisherige Produktivität aufrechtzerhalten.“
Über zwei Jahrzehnte Höchstfördergebiet
In den Aufbaujahren nach 1990 waren über EU-Töpfe eher neue Gewerbegebiete, Straßen und Brücken im Land finanziert worden. Brandenburg war über zwei Jahrzehnte Höchstfördergebiet. Aktuell hat die EU ihre Förderung neu auf die Klimaschutz-Transformation im Rahmen des „Green Deals“ ausgerichtet, um Europa bis 2050 als ersten Kontinent klimaneutral zu machen. Es geht auch um Unabhängigkeit von russischem Gas, aber auch um Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, die soziale Abfederung sowie eine stärkere Integration von Frauen und Migranten in den Arbeitsmarkt.
Brandenburg sei mit seinen Institutionen gut aufgestellt, habe als eins der ersten Bundesländer Deutschlands die entsprechenden Programme aufgelegt, lobte Egbert Holthuis von der EU-Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration.
Die Brandenburger Programme, über die Investionsbank (ILB) umgesetzt, waren im zweiten Halbjahr 2022 von der EU genehmigt worden. Wie bisher gelte das Prinzip, dass „niemand zurückgelassen, keine Region abgehängt werden soll“, sagte Zademach-Schwierz - und verwies auf den Grundansatz der Europäischen Union: „Zusammen haben wir ein besseres und friedlicheres Leben als wenn wir uns ständig im Klein-Klein streiten“. Dennoch gebe es auch eine „Geografie der Unzufriedenheit“ in Europa. So würden in Regionen, die sich abgehängt fühlen trotz hoher EU-Förderungen, teilweise rechte oder extremistische Parteien gewählt.
Wie Brandenburg im Jahr 2027 am Ende der EU-Förderperiode aussehen wird? Zademach-Schwierz von der Brüsseler Generaldirektion Regio antwortete dies: „Ich stelle mir vor, dass es dann sehr viel leiser in großen Städten ist, dass man die Vögel wieder mehr zwitschern hört, der Verkehr elektrifizierter, die Wirtschaft umgestellt ist und tatsächlich jeder Euro umgesetzt wurde.“
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