Brandenburg: Gerichtsfusion steht auf der Kippe
In der SPD gibt es vier Abweichler. Bleibt es dabei, würde die nötige Zweidrittel-Mehrheit verfehlt
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In der SPD gibt es vier Abweichler. Bleibt es dabei, würde die nötige Zweidrittel-Mehrheit verfehlt Potsdam – Es war ein symbolträchtiger Akt: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) unterschrieb mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit den Staatsvertrag über die Fusion von vier gemeinsamen Obergerichten: Doch die bundesweit einmalige Gerichtsfusion, die kommende Woche noch vom Landtag beschlossen werden soll, droht jetzt ausgerechnet an Platzecks eigenen Genossen zu scheitern – wenige Monate vor der Landtagswahl. Ein „Horrorszenario“, heißt es in Platzecks Umfeld. Denn trotz der Autorität des Regierungschefs steht die Gerichtsfusion nach der gestrigen Sitzung der SPD-Fraktion auf der Kippe. Grund dafür ist, dass für die Gerichtsfusion die Verfassung geändert werden muss. Zwar haben SPD und CDU regulär dafür die nötige Zweidrittel-Mehrheit – jedoch nur mit einem knappen Vorsprung von drei Stimmen. Während die CDU in dieser Frage geschlossen ist, gibt es in der SPD-Fraktion derzeit vier offene Abweichler. In einer Probeabstimmung kündigte der SPD-Rechtsexperte Peter Muschala gestern bereits an, dass er definitiv mit Nein stimmen wird, zwei weitere Abgeordnete enthielten sich. Das käme in der Wirkung einem Nein gleich, da für die Verfassungsänderung nur Ja-Stimmen zählen. Zum Entsetzen der SPD-Fraktionsspitze erklärte nach der Sitzung auch noch Ex-Agrarminister Edwin Zimmermann, dass er ebenfalls mit Nein stimmen will. Das heißt nach der heutigen Probeabstimmung fehlt in der SPD bereits eine Stimme für die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Ganz zu schweigen davon, so ein SPD-Genosse, dass niemand wegen Krankheit fehlen dürfe. „Vollständig waren wir noch nie.“ Der CDU-Koalitionspartner warnte gestern bereits die SPD vor einem Scheitern der Gerichtsfusionen. „Es wäre ein fatales Signal, wenn die Koalition in der letzten Sitzung bei einer so wichtigen Abstimmung keine eigene Mehrheit hätte“, sagte CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst. Er forderte von den Sozialdemokraten „mehr Berechenbarkeit“. Zudem wäre es nach seinen Worten ein Rückschlag für die Länderfusion. Notfalls auf Stimmen aus der PDS für die Gerichtsfusionen zu setzen, lehnte Schönbohm strikt ab. Dennoch ist das Abstimmungsverhalten der Brandenburger PDS spannend: Während die im Senat mitregierende Berliner PDS den Staatsvertrag mitträgt, lehnt ihn Brandenburgs PDS-Fraktion ab. Er komme „zur Unzeit“, da es im Landtag keine Mehrheit für die Fusion gebe, so Heinz Vietze, der parlamentarische Geschäftsführer. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass die PDS zu einem „dialektischen Trick“ greift, um die Berliner PDS nicht in Schwierigkeiten zu bringen: Die PDS könnte, so deutete die Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann an, der Verfassungsänderung zustimmen, aber den Staatsvertrag, über den am Tag darauf abgestimmt wird, ablehnen. Dort genügt der großen Koalition eine einfache Mehrheit. Thorsten Metzner
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