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Diebstähle in Brandenburg: Grenzkriminalität: Polizei erreicht Trendwende

Laut Innenminister Woidke gab es 2012 erstmals weniger Diebstähle - ein Grund zur Entwarnung sei das aber trotzdem nicht. Unter anderem durch die Polizeireform sinkt die Aufklärungsquote seit 2007.

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Potsdam - Nirgendwo in Brandenburg werden so oft Autos, Traktoren und Baumaschinen geklaut wie in den Grenzregionen zu Polen. Doch im Jahr 2012 ist es erstmals gelungen, den seit Abschaffung der EU-Grenzkontrollen 2007 steten Anstieg der Diebstahlsdelikte zu stoppen, teilte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch in Potsdam mit. „Es ist eine Trendwende, mehr nicht“, sagte Woidke, der ausdrücklich „keine Entwarnung“ geben wollte. Es bleibe daher bei der Soko „Grenze“ mit rund 100 Beamten und beim Schwerpunkt-Einsatz von drei der vier Einsatz-Hundertschaften des Landes Brandenburg in diesem Gebiet, und zwar „unbefristet“, wie Woidke sagte. „Die Polizei setzt alles ein, was sie hat.“ Er betonte, dass trotz Polizeireform in den Grenzregionen Polizeikräfte nicht abgebaut, sondern verstärkt worden seien.

In den Grenzregionen wurden 2012 9100 Diebstähle registriert, womit erstmals seit Jahren wieder das geringere Niveau vor Wegfall der Grenzkontrollen erreicht wurde. Vor einem Jahr gab es noch 11 300 Delikte. Es geht um einen Streifen entlang der brandenburgisch-polnischen Grenze zwischen Schwedt im Norden und Forst im Süden, wobei sich die Grenzkriminalität zu 90 Prozent vor allem auf 24 Städte konzentriert, die Dörfer nach Angaben der Polizei weniger das Problem sind. Wurden 2011 dort 669 Autos – also fast zwei am Tag – gestohlen, waren es 2012 noch 546, am häufigsten „Fahrzeuge der Volkswagen-Gruppe“, wie es hieß. Die Aufklärungsquote, seit 2007 immer schlechter geworden mit zuletzt 48,2 Prozent, konnte immerhin auf 53,4 Prozent erhöht werden. Woidke führte dies auch darauf zurück, dass der „reformbedingte Durchhänger“ inzwischen überwunden ist.

Dabei stellt der Diebstahl von Kfz-, Baumaschinen und Traktoren die Polizei vor besondere Herausforderungen, weil sie meist von organisierten Banden aus Osteuropa ausgeführt werden, etwa aus Polen oder Litauen. Ein besonderes Problem bleibt die Stadt Frankfurt (Oder), Deutschlands Hauptstadt des Autodiebstahls, die von der Trendwende bislang nichts spürt. Dort soll es jetzt verstärkte Maßnahmen von Landes- und Bundespolizei geben, sagte Polizeipräsident Arne Feuring. Die Zusammenarbeit mit Polens Behörden habe sich verbessert. Allerdings hat nicht alles im Grenzraum mit der durch das massive Wohlstandsgefälle zwischen der EU und Osteuropa produzierten Kriminalität zu tun. So ist in den Grenzregionen auch die Zahl der Einbrüche in Wohnungen, Häuser und Kleingärten gestiegen – durch Einheimische. So gab es, Woidke nannte dieses Beispiel, in Schwedt von Oktober bis Januar eine massive Häufung von Wohnungseinbrüchen: Anfang Februar wurde eine Gang festgenommen, alle Tatverdächtigen aus der Stadt selbst, „echt Schwedter Jungs“, wie Woidke sagte. Den Vorwurf der Gewerkschaft der Polizei, man verdränge die Kriminalität aus den Grenzregionen anderswohin, etwa nach Berlin, wollte er nicht kommentieren – weil er sie für abwegig hält. Woidke machte aber keinen Hehl daraus, dass die Konzentration von Kräften im Grenzraum nicht unproblematisch sei. Mit der Kriminalitätsbilanz 2012 für ganz Brandenburg kommende Woche wird Woidke etwa einen massiven Anstieg von Einbrüchen in Wohnungen und Häuser im Berliner Umland verkünden. Woidke weiß: „Wir haben auch da ein großes Problem.“ Und der Bund der Kriminalbeamten Brandenburgs warnt bereits, dass der „hohe Personaleinsatz an der Grenze“ sowie in anderen, immer neuen Sonderkommissionen zulasten der Polizeiarbeit in den regulären Strukturen gehe, sagte Landeschef Wolfgang Bauch. Diese seien durch den laufenden Personalabbau ohnehin geschwächt. Überall „knirsche es im Gebälk“.

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