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Brandenburg: Großrazzia: Korruptionsjäger sehen rot Feuerwehr-Hersteller stehen im Verdacht, Preise abgesprochen und Ämter geschmiert zu haben
Luckenwalde - Es geht um Millionenbeträge, die Städte und Gemeinden in ganz Deutschland für die Sicherheit ihrer Bürger ausgegeben haben. Anti-Korruptionsermittler durchsuchten am Dienstag zeitgleich ab 10 Uhr in mehreren Bundesländern Geschäftsräume von Herstellern von Feuerwehrfahrzeugen, Wohnungen und Verwaltungen.
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Luckenwalde - Es geht um Millionenbeträge, die Städte und Gemeinden in ganz Deutschland für die Sicherheit ihrer Bürger ausgegeben haben. Anti-Korruptionsermittler durchsuchten am Dienstag zeitgleich ab 10 Uhr in mehreren Bundesländern Geschäftsräume von Herstellern von Feuerwehrfahrzeugen, Wohnungen und Verwaltungen. Insgesamt waren es 33 Objekte – darunter im brandenburgischen Luckenwalde (Teltow-Fläming), Nuthetal (Potsdam-Mittelmark), Berlin, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig- Holstein. Allein in Brandenburg waren 70 Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) und anderer Abteilungen im Einsatz. Die für Korruptionsfälle zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) führt die hiesigen Ermittlungen.
Anlass ist ein Verfahren des Bundeskartellamtes gegen mehrere Firmen, die sich den Markt für Feuerwehrfahrzeuge und Drehleitern aufgeteilt und Preisabsprachen getroffen haben sollen – zum Schaden der öffentlichen Kassen. Nun prüfen die Staatsanwaltschaften den Fall. Die beteiligten Vorstandschefs, Geschäftsführer und Vertriebsleiter stehen unter dem Verdacht der Bestechung und wettbewerbsbeschränkender Absprachen.
In Luckenwalde betrifft es drei 57 bis 67 Jahre alte Geschäftsführer und Vertriebsleiter der Rosenbauer Feuerwehrtechnik GmbH. In Baden-Württemberg und Niedersachsen ermitteln die Staatsanwaltschaften Stuttgart und Osnabrück gegen acht weitere Mitarbeiter anderer Hersteller. Auch gegen bestechliche Amtsträger und Beamte in Städten und Gemeinden laufen erste Verfahren. Sie sollen geheime Ausschreibungsunterlagen an die Hersteller weitergegeben haben.
In Brandenburg ist etwa die Gemeindeverwaltung von Nuthetal durchsucht worden, andere Kommunen haben ihre Unterlagen freiwillig herausgegeben. Das genaue Ausmaß ist nach Angaben der in Brandenburg für Korruption zuständigen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Neuruppin überhaupt noch nicht absehbar. Wie viele Verwaltungsmitarbeiter in das System verstrickt waren, stehe erst nach Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen fest. Der finanzielle Schaden für die Kommunen, die seit 1998 Drehleitern und seit 2001 neue Löschfahrzeuge bei den Unternehmen gekauft haben, ist nach Angaben der drei Staatsanwaltschaften Neuruppin, Stuttgart und Osnabrück noch nicht zu beziffern.
Aufgeflogen waren die Firmen durch zwei Verfahren des Bundeskartellamtes, das seit zwei Jahren ermittelt und die Geschäftsräume bereits mehrfach durchsuchte. Im Februar verhängte die Behörde dann Bußgelder in Höhe von 20,5 Millionen Euro gegen drei Hersteller von Löschfahrzeugen, darunter auch gegen den Rosenbauer-Ableger in Luckenwalde. Im Juli wurde erneut ein Bußgeld in Höhe von 17,5 Millionen Euro verhängt – diesmal gegen Produzenten von Drehleiterwagen.
Die verdächtigen Firmenvertreter hatten sich regelmäßig am Züricher Flughafen getroffen, wo sie seit 2001 regelmäßig Preiserhöhungen für Löschfahrzeuge abgesprochen haben sollen. Ein Schweizer Wirtschaftsprüfer prüfte zudem die Auftragseingänge der Unternehmen und kontrollierte, ob sie die vereinbarten Verkaufsanteile eingehalten haben. Bei weiteren Treffen teilten die Vertriebsleiter die Ausschreibungen von Kommunen untereinander auf. Bei den Drehleitern gab es seit 1998 Absprachen zwischen zwei Herstellerfirmen, die sich den kompletten Markt in Deutschland je zur Hälfte teilen wollten. Um nicht aufzufliegen, nutzten die Vertriebsleiter nur Prepaid-Handys, unterhielten sich in Fußballersprache, tarnten ihre Treffen als Training und Preisabsprachen als Spielergebnisse. Jährlich werden in Deutschland nach Angaben des Bundeskartellamtes im Schnitt 60 bis 80 Feuerwehrfahrzeuge mit Drehleitern an Kommunen verkauft. Diesen sei durch durch die Preisabsprachen „ein großer finanzieller Schaden entstanden“.
Ende Juli, als die Bußgelder verhängt wurden, sagte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, dass die Absprachen der Unternehmen nicht nur große volkswirtschaftliche Schäden verursacht hätten. „Wenn sogenannte Wettbewerber Aufträge einvernehmlich untereinander aufteilen, wird das System der öffentlichen Ausschreibungen der Kommunen ausgehebelt.“ Dann komme „nicht mehr der beste und wirtschaftlichste Anbieter zum Zuge“, sagte Mundt.
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