Brandenburg: Grüne: Wir trainieren Rot-Rot Avancen an die SPD
zur Halbzeit
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Potsdam – Lange kam das Lob nur von anderen. Als die Grünen erstmals seit 1994 wieder in den Landtag einzogen, erarbeiteten sie sich schnell die Anerkennung auch der Regierungsfraktion von SPD und Linke, die fünf Abgeordneten gelten als sachlich und stets gut vorbereitet. Inzwischen wundert sich niemand mehr über gemeinsame Anträge mit Rot-Rot. Jetzt zur Halbzeit der Legislaturperiode ziehen auch die Grünen Bilanz – und loben sich selbst: Sie seien in der Landespolitik fest etabliert. „Wir werden inzwischen bis in den Wirtschaftsbereich hinein als politisches Schwergewicht gesehen und nicht mehr nur als Nischenpartei“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel am Montag in Potsdam. Jetzt würden sie als „blockfreie Kraft“ wahrgenommen, die anschlussfähig sei. Die „bleierne Zeit“ noch unter Rot-Schwarz, als Oppositionsanträge schlichtweg abgeschmettert worden seien, sei vorbei. „Eine gute Opposition ist der beste Trainer für eine schwache Landesregierung“, sagte Vogel. Ziel seiner Fraktion sei es auch, „Optionen zu eröffnen“, damit es nach der nächsten Landtagswahl 2014 nicht nur Rot-Rot gibt, „sondern auch andere Optionen möglich sind“ und die Grünen „ein potenzieller Regierungspartner“ werden.
Allerdings dürfte die Auswahl gering ausfallen. Deshalb machen die Grünen der SPD Avancen. Denn die CDU sei „in ihrer derzeitigen Verfassung“ und mit Saskia Ludwig als Chefin „für niemanden mehr ein Koalitionspartner“ und drohe damit, Rot-Rot dauerhaft zu zementieren. Die CDU bediene Ressentiments gegen angebliche Stasi-Seilschaften, die aber nicht politikbeherrschend seien, befürworte als „Klimaskeptiker“ Braunkohlekraftwerke und Zerstörung der hiesigen Solarindustrie und streue den Fluglärmgegner mit Anträgen zum Alternativstandort Sperenberg für den Hauptstadtflughafen BER Sand in die Augen. Die Zeiten, als Grüne gemeinsam mit CDU und FDP die Enquetekommission zur Aufarbeitung der Nachwendezeit ins Leben riefen, sind also vorbei. „Berührungspunkte sind weggefallen“, sagte Vogel. Auch FDP-Landeschef Gregor Beyer erklärte am Montag, dass Ludwigs zugespitzte Positionen eine Kooperation nicht leicht machten und dass er inhaltliche Anknüpfungspunkte seiner Partei an SPD-Positionen sehe.
Vogel sagte, mit der seit 1990 regierenden SPD gebe es zahlreiche Schnittmengen, aber das „Trennende ist die Braunkohlepolitik und das Beharren auf alten Strukturen“. Die SPD sei „strukturkonservativ bis ins Mark und macht gern nur halbe Sachen. Aber sie bewegt sich wenigstens in die richtige Richtung, wenn man ihr ordentlich in die Hacken tritt“. In vielen Punkten sei Rot-Rot dazu bewogen worden, grüne Vorschläge in leicht abgeänderter Form umzusetzen, betonte Vogel. Als Beispiele führte er die erste Stasiüberprüfung der Abgeordneten seit der ersten Legislaturperiode, die Aufstockung neuer Lehrerstellen, die Einrichtung eines Beirats für Nachhaltigkeit, die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Verbesserung der Lebensituation von Flüchtlingen an. Zudem hätten die Grünen den Lärmschutz am neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld auf die Agenda gehoben. Auch über die CCS-Technologie zur Abscheidung und Verpressung von Kohlendioxid (CO2) in Braunkohlekraftwerken „hätte niemand im Landtag diskutieren wollen ohne uns“. Alexander Fröhlich
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