Brandenburg: Hausbesetzer drohen mit Randale
Linke Szene erwartet weitere Räumungen
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Berlin - Ein brennender Polizeiwagen in Lichtenberg, eine versuchte Autobrandstiftung in Neukölln und Barrikaden in Prenzlauer Berg und Friedrichshain – die erste Nacht nach der Räumung eines alternativen Wohnprojekts in der Brunnenstraße in Mitte war vermutlich nur ein Vorgeschmack auf die nächsten Wochen. Die Polizei rechnet mit weiteren Aktionen der linken Szene. Gleich zwei Demonstrationen haben die Hausbesetzer angekündigt. Am Mittwochabend sollte um 20 Uhr ein Aufzug am Kollwitzplatz in Mitte starten. Am Donnerstag wird für 19 Uhr zum Oranienplatz in Kreuzberg mobilisiert. „Jede Räumung hat ihren Preis und wir bestimmen welchen!“, heißt es auf Plakaten.
Wie berichtet, hatten am Dienstag mehr als 600 Polizisten das Gebäude in der Brunnenstraße gestürmt und die Personalien von 22 Anwesenden aufgenommen. Darunter waren auch Personen aus Lettland, England und Italien. „Alle sind wieder auf freiem Fuß“, sagte gestern eine Polizeisprecherin. Die Bewohner hatten keinerlei Widerstand geleistet. Die Polizei leitete 15 Strafverfahren ein, unter anderem wegen Verdachts auf Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie unberechtigter Stromnutzung.
Als „Unsinn“ bezeichnete hingegen der Anwalt der Bewohner, Moritz Heusinger, Berichte, nach denen es sich bei den Personen im Haus mehrheitlich um illegal eingereiste Osteuropäer handeln soll. Lediglich zwei Bewohner würden aus Polen stammen und sich legal im Land aufhalten. „Das größte Problem ist, dass meine Mandanten nicht ins Haus gelassen werden, um ihre Sachen zu holen“, sagte Heusinger. Er wolle jetzt über den Rechtsweg versuchen, Zugang zum Haus zu erhalten.
Die Bewohner der Brunnenstraße 183 bezeichneten den Polizeieinsatz als rechtswidrig. Obwohl es nur Räumungstitel für fünf Wohnungen gegeben habe, seien alle Stockwerke geräumt worden. „Ich verstehe nicht, warum gleich das ganze Haus geräumt werden musste“, sagte der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux, der bei der Räumung anwesend war. „Mit mehr Verhandlungsbereitschaft des Senats hätte es sicherlich noch eine andere Lösung gegeben.“ Um eine Wiederbesetzung zu verhindern, hatten Arbeiter begonnen das Haus unbewohnbar zu machen. Fast alle Fensterrahmen und Türen im Haus wurden entfernt.
Mehr als zwei Jahre hatten Bezirksverwaltung, Eigentümer und Vertreter des Wohnprojekts verhandelt. Laut dem Besitzer des Hauses, Manfred Kronawitter, sollte das Gebäude durch ein Ringgeschäft mit dem Bezirk an die Bewohner verkauft werden. Als Ersatz dafür war dem Passauer Arzt ein Ersatzgrundstück zum Kauf angeboten. Am Ende platzte jedoch der geplante Tausch.
Die überraschende Räumung der Brunnenstraße hat für Unruhe in der Szene gesorgt. Viele befürchten, dass nun auch die Räumung des Wohnprojekts in der Liebigstraße 14 in Friedrichshain bevorsteht. Das Haus hat starken Rückhalt in linken Kreisen.
Nach Angaben der Polizei liegt derzeit aber keine Anfrage des Gerichtsvollziehers vor, die Räumung durchzusetzen. Die beiden Eigentümer Edwin Thöne und Suibert Beulker waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Johannes Radke
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