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Und die Krise zieht ihre Kreise. Ein Flughafenmitarbeiter hatte im Schnee vor dem BER-Tower offenbar seinen Spaß und drehte zwei, drei Runden. Aber die Kollisionsgefahr mit Flugzeugen ist bis Oktober 2013 bekanntlich eher gering.

© dpa

Brandenburg: „Hier geht’s im Schneckentempo voran“ Der Aufsichtsrat will die BER-Geschäftsführung strenger kontrollieren. Der Berliner Untersuchungsausschuss

steckt in Detailfragen fest

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Schönefeld - Im Fiasko um den BER will der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft die Zügel gegenüber der Geschäftsführung anziehen und sich ein eigenes, von der Geschäftsführung unabhängiges Kontrollinstrument installieren. Das hat das Gremium nach PNN-Informationen am Freitag auf seiner Jahres-Klausur beschlossen, die nach mehr als neunstündiger Sitzung am Abend in Schönefeld beendet wurde. Einzelheiten zum neuen Controlling-Organ des Aufsichtsrates sind noch nicht bekannt. Eine Pressekonferenz zu den Ergebnissen gab es diesmal nicht, sondern lediglich eine allgemeine Pressemitteilung, in der diese Weichenstellung aber nicht erwähnt wird.

Dort wird allerdings offiziell bestätigt, dass der Bau des Hauptstadt-Flughafens 250 Millionen Euro teurer wird, was aber mithilfe von Umschichtungen im Rahmen des beschlossenen 1,2–Milliarden-Zusatzbudgets finanziert werden könne. Grund des höheren Baubudgets sind (wie berichtet) jetzt überraschend auftauchende Rechnungen für teils mündlich erteilte Aufträge in den Chaoswochen vor der geplatzten Eröffnung. Laut Technik-Chef Horst Amann arbeiten derzeit 300 Leute im Terminal. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir schon mehr sehen, aber wir sind im Plan“, versichert Amann. So seien inzwischen „eine Reihe“ von Kabeltrassen-Abschnitten aufgeräumt, und „erste Rauchabschlüsse an den ebenenwechselnden Förderbändern eingebaut.“

Mit dem Drama um den Flughafen und den Ergebnissen der Sitzung wird sich kommende Woche erneut Brandenburgs Landtag befassen, und zwar auf einer Sondersitzung des Hauptausschusses. Auftreten wird dort auch Michael Odenwald, Staatssekretär und Leiter der BER-Sonderkommission im Bundesverkehrsministerium. Er hatte in seinen bisherigen Untersuchungen Schwarz schwerste Versäumnisse und fehlende Information des Aufsichtsrates im Zusammenhang mit den Terminproblemen auf der Baustelle und der geplatzten Eröffnung vorgeworfen. Seine Berichte sind ein Grund dafür, dass der Bund Schwarz am liebsten loswerden will, was bislang am Widerstand von Berlin und Brandenburg scheiterte. Wobei inzwischen auch in Brandenburg die Neigung sinkt, an Schwarz festzuhalten.

Unterdessen droht in Berlin der BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses das zu werden, was er im Idealfall nicht sein sollte: ein politisches Kampfinstrument. „Hier wird auch gekämpft“, sagte der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss Andreas Otto nach der Sitzung am Freitag. Vor allem die Linken sind erzürnt. „Es geht hier nur im Schneckentempo voran“, schimpfte Jutta Matuschek. Immer noch werde zurückgeblickt auf Standortfragen. Ihr wäre es lieber, der Ausschuss würde sich schneller mit den aktuellen Themen befassen. „Da werden wir wohl erst Ostern hinkommen“, prophezeite die Linke-Politikerin.

Der Ausschuss-Vorsitzende und Piratenabgeordnete Martin Delius wies darauf hin, dass der erste Teil des Untersuchungsauftrags eben nicht rein retrospektiv sei. „Das ganze ist prozessual. Und es geht um Fragen, die damals anfingen und heute noch aktuell sind.“ Wer etwas Vernünftiges zum Lärmschutz oder zur Kostenentwicklung sagen wolle, müsse eben auch zurückblicken, wie alles angefangen habe. So hat man jetzt sogar von Brandenburgs Landtag die kompletten Akten des letzten Schönefelder Untersuchungsausschusses angefordert, der nach der Jahrtausendwende die gescheiterte Privatisierung der Flughafen-Holding untersucht hatte.

Unterschiedliche Auffassung gibt es im BER-Untersuchungsausschuss auch über die Frage, wie gut die Aktenlieferungen seien. Andreas Otto von den Grünen beurteilt die Aktenlage als dünn. Andere wiederum weisen darauf hin, dass es zahlreiche Ordner seien, die man zu durchforsten habe. Insgesamt hat die Senatsverwaltung laut Delius 140 Ordner zur Verfügung gestellt. Laut dem Ausschuss-Vorsitzenden hat die Senatsverwaltung darauf hingewiesen, dass die Verantwortung für die Veröffentlichung der Akten bei den Ausschussmitgliedern liege und nicht bei der Senatsverwaltung. „Wir werden vor allem auf personenbezogene Daten achten, die wir unkenntlich machen, sonst aber viel veröffentlichen, auch solches Material, dass früher mal eine Einstufung hatte“, sagte Delius.

Besonders spannend dürfte es am 1. Februar 2013 werden. Dann werden Ex-Aufsichtsratsmitglied Hans-Olaf Henkel und der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), vom Ausschuss vernommen. In der Sitzung davor, am 11. Januar, wird unter anderem der frühere SPD-Fraktionschef Klaus Böger geladen.

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