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Ein leeres Klassenzimmer in einer Schule.

© picture alliance/dpa/Fabian Sommer

Hitlergruß, Hakenkreuz, rechte Musik: Verschwieg die Schulleitung in Burg rechte Vorfälle?

Brandenburgs Bildungsministerium prüft den Fall. Die Behörde hatte erst aus den Medien von den Geschehnissen erfahren.

Für Rechtsextremismus-Experten ist der Brandbrief von Lehrern zum „Rechtsextremismus an unserer Schule“ keine Überraschung. Die Lehrer beklagen in dem Schreiben rechtsextreme Vorfälle an ihrer Oberschule in der Gemeinde Burg (Spree-Neiße) – aber auch Angst um ihre Sicherheit, „erzwungene Schweigsamkeit“, Drohungen und fehlende Unterstützung von Schulleitung, Schulamt, Politik sowie Eltern im Kampf gegen Rechts. Der Hitlergruß – an der Schule offenbar üblich.

Das Bildungsministerium prüft den Fall nun. Es hat selbst erst durch die Medien davon erfahren. Zumindest steht die Frage im Raum, ob die Schulleitung um die rechtsextremistischen Vorfälle wusste – und ob sie diese bewusst nicht dem Schulamt gemeldet hat. Dazu sind die Schulen verpflichtet. Das sieht ein Rundschreiben des Ministeriums vor, das den Titel trägt: „Hinsehen – Handeln – Helfen. Angst- und gewaltfrei leben und lernen in der Schule“.

Die Polizei ermittelt

Der Verdacht besteht, dass die Schulleitung rechte Umtriebe gedeckt hat. Ein Lehrer der Schule berichtete dem RBB nun von einem Vorfall, bei dem die Schulleitung offenbar stillhielt. Ein Schüler sei der Klasse verwiesen worden und habe „Arbeit macht frei“ gesagt – den Spruch vom Tor des KZ Auschwitz. Ein Lehrer sei dann mit dem Schüler zur Schulleitung gegangen und habe den Vorfall auch per E-Mail gemeldet. Die Schulleitung habe aber „eigentlich gar keine Reaktion“ gezeigt.

Die Polizei ermittelt seit Dienstag zu den im Brandbrief geschilderten Vorfällen und hat an der Schule auch schon erste Vernehmungen durchgeführt. Es geht – wie beim Hitlergruß – teils um Straftaten. Denn laut den Lehrern wurde Schulmobiliar „mit Hakenkreuzen beschmiert, rechtsextreme Musik“ im Unterricht gehört und wurden demokratiefeindliche Parolen durch Schulflure gerufen.

Burg hatte wegen rechtsextremer Umtriebe im Jahr 2020 Schlagzeilen gemacht. Ein Unternehmer übernahm einen Traditionsgasthof und ist eine zentrale Figur der Neonazi-Szene im Raum Cottbus. Damals äußerte das Innenministerium die Sorge, dass in Burg ein Treffpunkt für Rechtsextremisten entsteht. Beobachter sprechen davon, dass jetzt die Kinder der Neonazis aus den sogenannten Baseballschlägerjahren in den Schulen der Region sind.

In der Region haben sich rechtsextreme Strukturen über Jahrzehnte etabliert und verfestigt, die AfD feiert im Landkreis Spree-Neiße Rekorde, sie bekam mehr als ein Drittel der Stimmen bei der Landtagswahl 2019. Die rechtsextreme Szene hat sich ihr eigenes wirtschaftliches Netz aufgebaut – mit Sicherheits- und Reinigungsfirmen, Modelabeln und Kampfsportgruppen.

Gewerkschaft: Immer mehr Lehrer suchen Rat

Das alles hat Folgen. Alfred Roos, Geschäftsführer der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA), sagte, in Regionen wie in Süd-Brandenburg, in denen Rechtsextreme in der Gesellschaft stark vertreten seien, spiegele sich dies auch in den Schulen wider. Günther Fuchs, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sagt über Rechtsextremismus an Schulen: „Es ist noch kein Flächenbrand, aber es nimmt zu.“ Es gebe in zunehmendem Maß Lehrkräfte, die deshalb Rat bei der GEW suchten.

„Vorfälle wie im Spree-Neiße-Kreis sind bisher zum Glück die Ausnahme“, erklärte der Landesschülerrat. Dieses Problem müsse aber „geächtet“ werden. „Schulen sollten mit aller Kraft versuchen, gegen solche Tendenzen in der Schülerschaft gegenzulenken.“

Schulberater Roos berichtet von Schulen, die beim Umgang mit Rechtsextremismus in der Vergangenheit besonders herausgefordert gewesen seien und dies auch erfolgreich bearbeitet hätten. „Ganz allgemein gesprochen sind diese Schulen weite Wege gegangen, weil es keine kurzfristigen Lösungen gibt“, sagte er. Die Amadeu Antonio Stiftung kritisierte, Rechtsextremismus werde an Schulen noch viel zu oft als Bagatelle abgetan.

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