Brandenburg: Hoch über dunklen Kiefernwäldern
Der Umbau zu Mischwäldern ist für Brandenburg eine Aufgabe für Generationen. Erfolge stellen sich nur langsam ein
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Potsdam - Von wegen deutsche Eiche, von wegen deutscher Wald. Auch wenn Gustav Büchsenschütz in der inoffiziellen Landeshymne „Uralte Eichen, Dunklen Buchenhain, Grünende Birken“ pries. Wenn der Rotmilan über die Mark fliegt, dann doch meist „hoch über dunklen Kiefernwälder“. Und die sind ein Erbe der Forstwirtschaft in der DDR. „Das Ziel war damals Ertragsmaximierung. Birken würden rigoros entfernt“, Hubertus Kraut, Direktor des brandenburgischen Landesforstbetriebes. „Insofern sind es Plantagenwälder.“
Das aber ändert sich. Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte, der Umbau der Wälder zu starken Mischbeständen mit Kiefern und Laubbäumen sein weiterhin eine Pflichtaufgabe für das Land – aber eine langwierige. „Den Erfolg kann man nicht in drei vier Jahren messen. Das ist eine Investition in künftige Generationen“, erklärte Landesforstdirektor Kraut. Im Jahr 1990 lag der Anteil an Kiefern noch bei 90 Prozent, im landeseigenen Wald sind es heute 70 Prozent. Bei Wäldern in Privathand liege der Anteil ähnlich hoch, sagte Martin Hasselbach, Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes.
Seit 1990 sind 70 000 Hektar Kiefer- in Mischwald, die Hälfte davon in Landesflächen, umgewandelt worden. Das hat laut Agrarminister Vogelsänger rund 150 Millionen Euro gekostet. Allein im vergangenen Jahr sei mit 5 Millionen Euro die Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft in Privat- und Kommunalwäldern gefördert worden. Trotz knapper Landesmittel will Vogelsänger weiterhin Geld für den Waldumbau locker machen.
Eine Rückkehr zu den natürlichen Gegebenheiten aber, zum mythisch verklärten deutschen Wald, wie er einst in Brandenburg zu finden war, wird es nicht geben. Dann gäbe es in Brandenburg nur noch einen Kieferanteil von zehn Prozent. „Da kommen wir nie hin“, sagt Kraut. Denn dieser geringe Kiefernbestand beziehe sich auf die Gesamtfläche des Landes. „Die guten Standorte für Wälder in den Niederungen werden heute von der Landwirtschaft genutzt.“ Tatsächlich sind aktuell 54 Prozent Fläche Nadelwälder, nur zehn Prozent reine Laubwälder. Der Rest sind Mischwälder mit mal mehr, mal weniger Nadelbäumen, meist aber mehr.
Und die märkische Kiefer werde für die Forstwirtschaft in Brandenburg immer eine Rolle spielen, zumindest zwei weitere Baumgenerationen, was mehr als 200 Jahre bedeutet. „Trotz aller Negativschlagzeilen ist die Kiefer aus heutiger Sicht eine stabile Baumart“, sagte Forstdirektor Kraut. „Eine Pionierbaumart.“ Sie kommt mit Hitze, Kälte und Trockenheit bestens klar. Aber reine Kiefernwälder bringen auch eine Reihe von Problemen mit sich: Für die Bäume schädliche Insekten vermehren sich schneller. Der Eichenprozessionsspinner bereitet sich „in Massen“ aus. Auch die Waldbrandgefahr ist höher, angesichts steigender Temperaturen durch den Klimawandel dürfte die sogar noch steigen. „Bei Mischwäldern ist das Risiko geringer.“
Dabei geht es auch um den Wasserhaushalt insgesamt, zumal der Klimawandel die Sache nicht einfacher macht. Vom Regen kommt bei einem dichten Nadelwald am Boden kaum etwas an, auch deshalb soll der Anteil der Laubbäume steigen. Weniger Niederschlag ist Stress für die Bäume, aber gut für die Schädlinge. Deshalb will der Forst Moore renaturieren, Gräben zurückbauen – „damit der schmelzende Schnee im März nicht einfach in die Vorfluter abfließt, sondern möglichst lange im Waldboden bleibt“, so Kraut. „Wir wollen die Naturschutz-Funktion, die Ökologie der Wälder verbessern.“ Dazu werden etwa auf kleinen Flächen in Nadelwäldern Laubbäume gepflanzt, mehrere haben es einfacher gegen die schnell wachsenden Kiefern und können sich langsam ausbreiten. „Wir initiieren einen natürlichen Prozess“, sagt Kraut.
Den märkischen Kiefernwald wird es nicht mehr geben. Kraut prophezeit: Im Norden der Mark mit seinem nährstoffreicheren Boden werden sich Buchen als „die Zukunftsbaumart“ durchsetzen – auch für die Holzwirtschaft. Auf den kargen Böden im Süden sollen die Kiefernwälder durchmischt werden: mit Birke, Linde – und der Eiche. Alexander Fröhlich
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