zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Ich bin überzeugt, dass die CDU im Osten stärkste Kraft wird“

Für Brandenburgs Unionschef Schönbohm ist die Linkspartei der Hauptgegner im Wahlkampf Ihr Aufschwung beruht auf einer Proteststimmung, sagt der Innenminister

Stand:

Für Brandenburgs Unionschef Schönbohm ist die Linkspartei der Hauptgegner im Wahlkampf Ihr Aufschwung beruht auf einer Proteststimmung, sagt der Innenminister Herr Schönbohm, graust es Ihnen vor der neuen Linkspartei mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi? Nein, mir graust es überhaupt nicht. Oskar Lafontaine ist ein politischer Abenteurer, er war gegen die deutsche Einheit. Jetzt nutzt er die Schwierigkeiten aus, die wir im Osten unbestritten haben, um zu spalten und Ost gegen West auszuspielen. Wir müssen das deutlicher machen und die Auseinandersetzung mit ihm hart führen. Die Linkspartei hat die CDU im Osten bereits überholt. Wie gefährlich sind Lafontaine und Gysi für die Union im Osten? Die Umfragen geben eine augenblickliche Stimmungslage wieder und beruhen auf der Befragung von einigen Hundert Ostdeutschen. Bis zur Wahl sind es noch acht Wochen, da kann und wird sich noch manches ändern. Ich bin überzeugt, dass die CDU im Osten stärkste Kraft wird. Der Aufschwung der Linkspartei beruht auf einer Proteststimmung. Wir müssen die Ängste, Sorgen und Nöte der Menschen im Osten ernst nehmen. Haben CDU und SPD die PDS zu lange unterschätzt? Das kann man so nicht sagen. Zumindest in den neuen Bundesländern sind wir immer damit konfrontiert worden, dass die PDS es versteht, die Unzufriedenheit zu schüren und daraus Nutzen zu ziehen. Unterschätzt wurde, dass die PDS durch die Verbindung mit der WASG auch in Westdeutschland punkten kann. Daraus ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Linksbündnis in den Bundestag einziehen wird. Das Schizophrene daran ist, dass die, die 1990 gegen die Einheit waren, sich 15 Jahre später als Anwalt der Ostdeutschen aufspielen im vereinten Deutschland Wahlkampf gegen die deutsche Einheit machen. Braucht die CDU für den Osten eine spezielle Wahlkampfstrategie? Ich hätte mir das Wahlprogramm in einigen Akzenten etwas anders gewünscht, aber wir haben es gemeinsam beschlossen und es wird von allen getragen. Es kann, was den Osten betrifft, weiter ausbuchstabiert werden. Aber es muss klar sein: Es kann uns im Osten nur gut gehen, wenn es einen Gesamtaufschwung in Deutschland gibt. Würden wir den Wahlkampf auf das Thema Osten reduzieren, wäre das ein schwerer Fehler. Wir müssen einen Wahlkampf um Deutschland machen. Ich bin nicht für ein Spezialprogramm Ost. Das Bundesprogramm muss so erklärt werden, dass jeder versteht, was es für ihn bedeutet. Sie haben die PDS nie geschont. Werden Sie eine Rote-Socken-Kampagne führen? Nein. Die Bürger wissen, dass die PDS personell, materiell und geistig die Nachfolgepartei der SED ist. Sie haben sie trotzdem gewählt. Deshalb würde eine Beschimpfung nichts bringen, sie wäre kontraproduktiv. Das darf uns nicht davon abhalten, uns in der Sache knallhart mit der PDS auseinander setzen. Eine der Kernfragen ist: Soll den Menschen mehr zugetraut werden, wie wir es wollen, oder sollen sie, wie es die PDS will, stärker staatlich bevormundet und umsorgt werden. Soll Angela Merkel im Osten ihre Herkunft stärker betonen? Frau Merkel hat eine Biografie, die jeder kennt. Ein Politiker muss in Friesland, Bayern und Brandenburg dasselbe sagen, wenn er glaubwürdig sein will. Frau Merkel ist als Persönlichkeit glaubwürdig und authentisch. Die Erfahrungen, die sie in der DDR gesammelt hat, hat sie im Wahlkampf immer angebracht. Darum hielte ich es für völlig falsch, zu sagen, Frau Merkel ist Ossi. Sie ist eine Deutsche, die einen Teil ihres Lebens in der DDR verbracht hat und seit 15 Jahren im vereinten Deutschland lebt. Ich bin dagegen, das Trennende zu betonen. Wir sollten das Gemeinsame stärker herausarbeiten. Was würde es bedeuten, wenn CDU und FDP nicht die Mehrheit bekommen und es im Bundestag eine linke Koalition gibt? Das ist im Moment unübersichtlich. Aber aus den Erfahrungen heraus glaube ich generell, dass die Halbwertzeit der Ankündigungen sowohl von SPD und Grünen wie von der Linkspartei nicht sehr groß ist, man werde auf keinen Fall zusammen regieren. Um so härter müssen wir für eine CDU/CSU-FDP-Koalition kämpfen. Eine Große Koalition mit der zerrissenen SPD wäre keine Lösung. Nur wenn es diese Mehrheit nicht geben sollte, würde sich die Frage nach einer Großen Koalition stellen, die wir vermeiden wollen. Die märkische CDU war der PDS schon bei der Landtagswahl unterlegen. Haben Sie die Befindlichkeiten unterschätzt? Wir haben eins nicht geschafft: Die schlimme Diffamierungskampagne „Armut per Gesetz“ der PDS gegen Hartz IV ins Leere laufen zu lassen. Die Bürger haben inzwischen aber erkannt, dass Hartz IV nicht die neue Armut schürt, sondern dem Bund mehr Geld kostet. Die Atmosphäre ist jetzt eine andere. Wir müssen verständlich machen, dass die Stimme für die Linkspartei nur die Stimme für eine nörgelnde Opposition ist. Die Linkspartei ist der Hauptgegner? In Brandenburg ja. Sie wird Schwerpunkt der politischen Auseinandersetzung sein. Für die Bundes-CDU bleibt Rot-Grün Hauptgegner, denn diese Regierung soll abgelöst werden. Sie haben nicht ausgeschlossen, dass Oskar Lafontaine ein Fall für den Verfassungsschutz werden könnte. Bleiben Sie dabei? Für Lafontaine gilt, was für alle gilt. Wenn unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage gestellt, Fremdenhass und Fremdenfeindlichkeit geschürt wird, muss geprüft werden, ob das ein Fall für den Verfassungsschutz ist. Er scheint sich jetzt zurückgenommen zu haben. Deshalb stellt sich die Frage im Augenblick nicht. Aber er hat keine Narrenfreiheit. Die SPD hat Lafontaine als Hassprediger bezeichnet, den Begriff aber wieder zurückgenommen. Was, glauben Sie, treibt den Saarländer um? Ich glaube, es ist ein privater Rachefeldzug gegen Gerhard Schröder. Er möchte mit ihm abrechnen. Was ich unanständig finde, ist, dass er dafür Gefühle und Enttäuschungen der Menschen im Osten missbraucht, und dass Bisky sich mit diesem Scharlatan zusammentut. Noch ein Brandenburger Thema. Sie wollen die Videoüberwachung ausdehnen. Warum? Das Gesetz für den laufenden Modellversuch läuft demnächst aus. Wir werden die bei der probeweisen Videoüberwachung mehrerer Orte gesammelten Erfahrungen gemeinsam mit dem Koalitionspartner auswerten. Sie sind sehr ermutigend. Deshalb ist es sinnvoll, die Voraussetzungen für eine dauerhafte Überwachung solcher sensibler Orte wie den Flughafen Schönefeld zu schaffen, und auch eine ständige Aufzeichnung zu ermöglichen. Dies war bisher nicht möglich, aber nur so kann man Straftäter später identifizieren. Das ist aber kein Thema für parteipolitische Auseinandersetzungen und für den Wahlkampf. Wir sollten da ideologiefrei herangehen. Es geht um den Schutz der Bürger.Das Interview führte Michael Mara

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })