Brandenburg: Ihre besten Seiten
Wie die großen Parteien ihre Spitzenkandidaten vermarkten – ein Platzeck- Fotoalbum ist fast vergriffen
Stand:
Potsdam - Üblicherweise sind Wahlbroschüren der Parteien schwer an die Frau oder den Mann zu bringen. Diesmal gibt es einen Bestseller: Das „Fotoalbum“ von Matthias Platzeck, auf edlem Hochglanzpapier gedruckt, mit 27 Farbfotos. Sie zeigen den populären SPD-Landes- und Regierungschef mit seinen drei bildhübschen Töchtern, seiner Freundin Jeanette, mit Arbeitern und Unternehmern, Kindern und Prominenten wie Günther Jauch. Platzeck ernst auf dem Oderdeich, aber meist strahlend. Wie SPD-Wahlkämpfer berichten, geht das aus dem Rahmen fallende Album „weg wie warme Semmeln“. 100 000 Exemplare sind so gut wie vergriffen. Nachschub kann wohl nicht mehr schnell genug herangeschafft werden. In der SPD hofft man, dass das Fotoalbum – es wird am Wochenende auf dünnerem Papier in weiteren 500 000 Exemplaren auch den Regionalzeitungen beiliegen – Platzeck bei der Landtagswahl am 19. September zwei oder drei Prozentpunkte zusätzlich bringen wird. Der politische Gegner kann da nur vor Neid erblassen: „Darauf hätten wir selbst kommen können“, kommentiert ein CDU-Wahlstratege mit Blick auf Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm, der ein solches Fotoalbum vielleicht dringender gebraucht hätte. Die CDU präsentiert den normalerweise ernst dreinblickenden Schönbohm zwar auch lächelnd: „Ein Mann. Ein Wort. Schönbohm.“ Aber nur auf einem mageren orange-blauen Flyer mit ein paar kleinen und wenig aussagestarken Bildchen. Auf der letzten Seite immerhin ein privates Foto: Schönbohm mit seiner in Fürstenwalde geborenen Frau Eveline: „Seit 44 Jahren verheiratet.“ In Schönbohms Flyern überwiegen die Texte, die politischen Botschaften: „Ich bin bereit, an der Spitze einer von der CDU geführten Landesregierung Verantwortung für unsere Heimat zu übernehmen“ Das ist angesichts der jüngsten Umfragen freilich überholt, die CDU rutschte auf den dritten Platz hinter PDS und SPD. Auf den Höhenflug der ungeliebten Sozialisten reagierte die Union jetzt mit einem bissigen Flugblatt, die Stimmung ist zunehmend gereizt: „Die Legenden der PDS“. Den Forderungen der Sozialisten nach höheren Sozialausgaben werden konkrete Beispiele für die Kürzungspolitik der rot-roten Landesregierungen in Berlin und Schwerin bei Arbeits- und Sozialprogrammen entgegengehalten. Brandenburgs PDS scheint freilich wenig zu beeindrucken, unter welchen Sparzwängen die Genossen in Schwerin und Berlin stehen: „Sozial, mit aller Kraft“, verspricht sie auf Flyern und Wahlplakaten als „Gegenentwurf zum Sozialabbau à la Rot-Grün oder Union und FDP“. Und natürlich wirbt die PDS gezielt mit dem Konterfei ihrer fotogenen Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann. Ein kleiner Falt-Flyer zeigt gleich acht Porträtfotos von ihr: Enkelmann lachend, nachdenklich, lustig, mit Schmollmund... Genutzt hat die Personality-Offensive bisher wenig: Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten bekäme sie nach Umfragen 12 bis 14 Prozent, Schönbohm 13 bis 18 und Platzeck 59 bis 68. Also nur jeder dritte PDS-Wähler wünscht sich Enkelmann als Ministerpräsidentin. Gäbe es Preise für den originellsten Kino- und TV-Spot müsste ihn wohl die PDS bekommen: Nach Hollywood-Manier wird im Großformat ein kleines Indianercamp bei einem Überfall von dutzenden Reiter gerettet. Sie kommen mit wehenden Fahnen: PDS. Dann folgt der Slogan: „Wir sind die Roten“. Die PDS müsste aber auch den Preis für das dämlichste Wahl-Plakat bekommen: In Cottbus warb sie mit dem Slogan: „Demnächst gibt es wieder Apfelsinen und keine Orangen“. Eine Anspielung auf SED-Zeiten, wo immer nur von Apfelsinen die Rede war, wenn es sie denn gab. Die SPD will, wenn das Plakat weiter benutzt wird, darauf reagieren. Etwa so: „Demnächst wieder SED und keine PDS“, „Demnächst wieder MfS statt SMS“ oder „Demnächst wieder Schnitzler statt Jauch“. Beim Kampf der Giganten haben es die kleinen Parteien schwer: Die Grünen warben zunächst mit einer „Skandalchronik der Landesregierung“. Inzwischen sind andere Flyer zu Sachthemen hinzugekommen, auch zu Hartz IV. So genannte Personen-Flyer über die Spitzenkandidaten Wolfgang Wieland und Cornelia Behm gibt es noch nicht, obwohl beide im Land weitgehend unbekannt sind. Sie sind in Arbeit und sollen im September verteilt werden. Vielleicht zu spät. Die FDP gibt sich angesichts knapper Finanzen eher kraftlos, obwohl sie „neue Kraft für Brandenburg“ verspricht: Keine Hochglanz-Broschüren, keine aufwändigen Farb-Flyer, dafür gelbe Flugblätter: „Hartz IV aussetzen“, „Bildung ist Bürgerrecht“, „Weniger Staat – mehr Bürgerwille“, „FDP – die Kulturpartei“. Besonders einfallsreich ist das nicht. Aber das gilt auch für die anderen Parteien, die überwiegend konventionelle Wahlwerbung machen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: