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Brandenburg: Im Palast der Replik

In Kürze öffnet die Schlossbaustelle in Berlin für Besucher. Seit Mittwoch wird die Barockfassade angebracht.

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Aqua alta auf der Schlossbaustelle. Die größten Pfützen quert die hochrangig besetzte Delegation auf wackligen Bohlen. Für Schlossarchitekt Franco Stella, der sein Studium in Venedig absolvierte, ist das ein Kinderspiel. In der Lagunenstadt ist das winterliche Hochwasser ein alljährliches Phänomen. Stella schaut durch den Betonkubus hindurch in die Zukunft des Humboldtforums, sieht vor seinem inneren Auge belebte Piazzas mit Cafés und Musikanten. Die Schlossportale möge man als Stadttore begreifen, sagt er. Unter der wuchtigen Masse des zentralen Eingangsportals III stehend, erscheint diese Analogie geradezu zwingend.

Das Schloss-Skelett steht, jetzt wird die Barockfassade vor den Beton gesetzt. Am Mittwoch nahm Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) den ersten Sockelblock in Empfang – und ab dem 12. April gibt es öffentliche Führungen für alle Bürger (siehe Hinweis rechts unten). Zwei Tonnen schlesischer Sandstein aus dem polnischen Wartau, bearbeitet von der Bamberger Firma Hermann Graser, eingebaut an der Südwestecke des Rohbaus. Hermann Graser junior ist dazu extra für diesen Termin angereist. Er versichert, diese Sandsteinübergabe sei nicht nur ein symbolischer Akt. Schon an diesem Donnerstag komme der nächste Lkw aus Bamberg mit weiteren Blöcken.

Es geht also wirklich los mit der versprochenen Rekonstruktion der äußeren Hülle. Wilhelm von Boddien versichert, jeder Cent für die Schmuckfassade sei bislang aus Spenden finanziert worden. 30 Millionen Euro sind laut Hendricks bislang eingegangen, allerdings seien davon zwölf Millionen Euro zweckgebunden für andere Bauelemente. Nach Boddiens Rechnung müssten ab jetzt noch 59 Millionen Euro eingesammelt werden, um auf die versprochene Spendensumme von 80 Millionen Euro zu kommen.

Graser junior hat jedenfalls keine Bedenken, am Ende nicht auf seine Kosten zu kommen. Bislang sei alles pünktlich bezahlt worden. Graser baut die Fassade auf der Nord- und Südseite und am Portal I. Zwei Jahre hat er dafür Zeit. Die Barockfassade besteht aus einer massiven Wand aus Ziegelsteinen, in die alle Sandsteinelemente eingemauert werden. Dahinter ist eine klassische Wärmedämmung, dann kommt der Beton. Einen Meter wird die Wandstärke des Schlosses betragen.

Einen zweistelligen Millionenbetrag umfasse sein Auftrag. Insgesamt vier Unternehmen bauen die Fassade, davon zwei aus Dresden und eines aus München. Die Münchener Natursteinfirma F.X.Rauch hat das Baulos für den Schlüterhof gewonnen. „Eine einmalige Gelegenheit“, sagt Stefan Rauch, „das wird sicher das letzte Schloss, das neu gebaut wird.“ Nach Ostern will er anfangen, „fast auf den Tag genau nach Plan“, lobt Graser. Die Fundamente für die Kolossalsäulen am Tor V des Schlüterhofs sind fertig. Die Sandsteinsäulen werden mit „Zugankern“ aus Stahl befestigt.

Nach einer halben Stunde ist der Rundgang erledigt. Das Schloss ist kleiner, als es der riesige leere Schlossplatz früher vermuten ließ. Es gehe bei der Rekonstruktion eben auch um die Wiedergewinnung der Vorplätze, sagt Stella, als der Besuchertross auf der Südseite angekommen ist. Hier münde jetzt die Breite Straße in einen undefinierten „Verkehrsraum“, der früher als einer der Schlossplätze eine wichtige Bedeutung im Stadtgefüge hatte, sagt Stella. Auf dem Platz stand einst der Neptunbrunnen, und der Schlossarchitekt spricht sich erneut dafür aus, den Brunnen an seinen ursprünglichen Ort zurückzuholen.

Die Breite Straße wird durch das „Forum“, den offenen Durchgang nach Norden, mit der Museumsinsel verknüpft. Von drinnen erscheint das Säulenportal des Alten Museums als repräsentativer Endpunkt der Sichtachse, im Süden fehlt ein gleichrangiges Pendant. Das Schloss wird diese Lücken im Stadtbild noch schärfer bloßstellen. Am 12. Juni ist Richtfest, am 13. und 14. Juni wird die Baustelle geöffnet für alle Berliner.

Die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum bietet ab dem 12. April Führungen durch den Rohbau auf der Spreeinsel an. Immer sonntags um 11 und 13 Uhr, je 90 Minuten, Karten 18, ermäßigt 12 Euro. Es gibt sie in der Humboldtbox und unter www.sbs-humboldtforum.de.

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