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Viele offene Fragen im Skandal um Medikamententests westlicher Pharmafirmen zur DDR-Zeit.

© dpa

Medikamentenskandal in Brandenburg: In Potsdam waren fünf Tests geplant

UPDATE.Das frühere Potsdamer Bezirkskrankenhaus, das heutige Ernst-von-Bergmann-Klinikum, war zum Ende der DDR ein Schwerpunkt von Medikamententests westlicher Arzneimittelhersteller.

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Potsdam/Berlin - Wenigstens fünf Testreihen waren dort zwischen Anfang 1989 und Ende September 1990 geplant. Dies gehe aus der Liste des früheren Bundesgesundheitsamtes von 1991 hervor, teilte das brandenburgische Gesundheitsministerium am Dienstag auf PNN-Nachfrage mit. Wie berichtet hatte die Bundesbehörde brandenburgweit insgesamt zwölf Testreihen mit zwölf verschiedenen Wirkstoffen aufgelistet, die in diesem Zeitraum für insgesamt sechs Krankenhäuser von DDR-Behörden genehmigt worden waren. Vier Testreihen waren in Cottbus geplant, jeweils nur eine für Krankenhäuser in Frankfurt (Oder), Bad Saarow, Neuruppin und für die Heilstätten Beelitz. Brandenburgweit sollten in der Zeit mehr als 300 Patienten an den Tests beteiligt werden.

Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung soll auf der Frauenstation des Potsdamer Bezirkskrankenhauses zwischen 1988 und 1989 auch das Präparat Sulproston (Nalador) von Schering getestet worden sein. Das Medikament wird heute zur Abtreibung von Totgeburten verwendet. Beim Klinikum waren am Dienstag keinerlei Belege zu Tests oder konkreten Fällen bekannt. Derzeit werde im Archiv nach verbliebenen Akten gesucht, sagte der medizinische Geschäftsführer Hubertus Wenisch im PNN-Interview. Das Klinikum werde allen Hinweisen nachgehen. Er forderte das Land auf, die vorhandenen Informationen weiterzureichen. Auch die damaligen Studienleiter der westdeutschen Pharmafirmen müssten über die Tests Auskunft geben. Danny Eichelbaum, der Rechtsexperte der CDU-Landtagsfraktion kritisierte die Landesregierung am Dienstag dafür, die Liste bislang nicht an die betroffenen Kliniken weitergeleitet zu haben. „Wenn man so eine Liste hat, muss man auch handeln.“

Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat Aufklärung über alle Medikamententests an DDR-Bürgern gefordert. Wie diese Aufklärung aussehen soll, steht noch nicht fest. Das Innenministerium steht in Kontakt mit der Berliner Charité und prüfe die Beteiligung an einem medizinhistorischen Forschungsprojekt. Pharmafirmen sollen in den 80er-Jahren ihre noch nicht zugelassenen Medikamente an mindestens 50 000 DDR-Patienten getestet haben, die davon oft nichts wussten. jaha, mat, raw

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in der Mittwochausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten.

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