
© Manfred Thomas
Affäre um Beschwerdeanruf: Intendantin des RBB in Erklärungsnot
Nach der versuchten Einflussnahme auf einen rbb-Beitrag ist nicht nur Regierungssprecher Thomas Braune in der Bredouille. Auch Intendantin Dagmar Reim sagte offenbar nicht die Wahrheit.
Stand:
Potsdam - Die Affäre um den Beschwerdeanruf des brandenburgischen Regierungssprechers Thomas Braune beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und den daraufhin geänderten TV-Beitrag über Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und den Hauptstadtflughafen BER wird für die Senderspitze und die Regierung immer mehr zur Belastung.
Nach CDU und FDP im Landtag forderten am gestrigen Donnerstag auch die Grünen, Braune müsse seinen Posten räumen. „Konsequenzen muss es geben“, sagte Marie Luise von Halem, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion. Der RBB-Rundfunkrat müsse sich des Falls annehmen. „Der wegen seines Agierens gegenüber Journalisten immer wieder in der Kritik stehende Regierungssprecher wird für Rot-Rot zusehends zur Belastung“, sagte von Halem. „Platzeck muss ihn abzulösen, die Regierung zu einem anderen Umgang mit den Medien finden.“
Auch RBB-Intendantin Dagmar Reim gerät in Erklärungsnot. Bei der Sitzung des Rundfunkrates am 1. November hatte sie wegen eines aktuellen Vorfalls beim ZDF (siehe Kasten unten) auf Nachfrage verneint, dass ein Beitrag nach einem Anruf aus der Politik geändert worden sei. Mit dabei war laut Sitzungsprotokoll RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein. Obwohl er es besser als seine Intendantin wusste, griff er nicht ein, sondern informierte Reim erst kurz nach der Rundfunkratssitzung darüber, dass es doch einen Vorfall gab – nämlich jenen vom Mai 2012. Zwar gab es seit November weitere Sitzungen des Rundfunkrates im Dezember und im Februar. Doch erst jetzt, mit einem auf Mittwoch datiertem Schreiben an die Mitglieder des Gremiums, korrigierte Reim ihre falschen Angaben. Da hatte es nach PNN-Informationen bereits Anfragen von Redaktionen an sie gegeben.
Im Mai 2012 hatte der RBB einen Beitrag nach Anrufen von Regierungssprecher Braune geändert. Es ging um den Pannen-Flughafen BER. Der Ministerpräsident verweigerte eine Antwort auf die Fragen des Reporters: „Zum Flughafen haben wir nun wirklich alles gesagt die letzten zehn Tage, da sag’ ich heut’ nüscht mehr zu – reicht!“ Jene Szene ließ der Chefredakteur schneiden – freiwillig, es habe keine Einflussnahme gegeben, so Singelnstein. Braune und Staatskanzleichef Albrecht Gerber verteidigten den Anruf: Platzeck sei nicht klar gewesen, dass die Kamera läuft, der RBB-Reporter habe gegen den Pressekodex verstoßen und unlautere Methoden angewandt. Der Deutsche Presserat wies diese Darstellung am Donnerstag gegenüber der Berliner Zeitung zurück.
Irritationen löste am Donnerstag die Generalsekretärin der Brandenburg- CDU, Anja Heinrich, aus, die Singelnsteins Rücktritt forderte. Der verwahrte sich dagegen. SPD-Vize-Landeschefin Klara Geywitz mahnte, die Unabhängigkeit des Senders zu achten: „Der RBB entscheidet allein über Berichterstattung und Personalauswahl.“ Der CDU-Abgeordnete Ingo Senftleben sagte: „Singelnstein hat recht: Er ist den Parteien keine Rechenschaft schuldig – wohl aber den Bürgern.“ CDU und FDP wollen Singelnstein und Braune bei einer Sondersitzung des Hauptausschusses befragen.
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