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Brandenburg: „Jeder sechste Regionalzug fiele weg“

Verkehrsverbund VBB macht Front gegen drohende Kürzung der Bundesmittel für den Nahverkehr

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Potsdam - Der Verkehrsverbund BerlinBrandenburg warnt vor drohenden Kürzungen der Bundeszuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr. Auch die SPD-Landtagsfraktion in Potsdam sprach sich gestern gegen die Pläne der Bundesregierung aus, nach denen Berlin und Brandenburg im Jahr 2007 etwa 63 Millionen Euro weniger, im Jahr 2010 sogar 110 Millionen Euro weniger zur Verfügung stünden. Die Folgen wären fatal, warnen Politiker und Verkehrsexperten. „Jeder sechste Regionalzug würde wegfallen“, prophezeite etwa VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz. Selbst Verbindungen zwischen Berlin und dem Umland müssten eingeschränkt werden, gerade ausgebaute Strecken wie von Brandenburg nach Rathenow wären gefährdet. Franz forderte die Regierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck auf, im Bundesrat gegen die Kürzungen zu intervenieren. Das Thema steht dort noch in dieser Woche auf der Tagesordnung. Es zeichnet sich ab, dass erstmals seit Bildung der Großen Koalition in Berlin der Vermittlungsausschuss einberufen wird, weil sich Bund und Länder über die Regionalisierungsmittel nicht einigen können.

Die brandenburgische Landesregierung verständigte sich gestern darauf, sich im Vermittlungsausschuss für Nachbesserungen einzusetzen – und wenigstens eine Reduzierung der Kürzungen zu erreichen. Allerdings dürften die Chancen nicht besonders hoch sein. Zudem hatte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) in seiner Amtszeit als SPD-Bundeschef die Kürzung der Regionalisierungsmittel – sie sind Bestandteil des Berliner Koalitionsvertrages – mitgetragen.

Die Länder Berlin und Brandenburg erhalten vom Bund derzeit jährlich jeweils rund 400 Millionen Euro, um den Regionalverkehr zu finanzieren. Der Landrat von Teltow-Fläming und Vize-Aufsichtsratschef des VBB, Peer Giesecke (SPD), warnte vor negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung der Region. Sein Kreis etwa würde „um Meilen zurückgeworfen“. Als Beispiel nannte Giesecke den gerade eingeführten Halbstunden-Takt mit Regionalexpress-Zügen durch den Berliner Nord-Süd-Tunnel, der nicht aufrechterhalten werden könne.

Neben den aktuellen Kürzungen droht nach Auskunft von VBB-Chef Franz die größte Gefahr allerdings, wenn sich Länder wie Bayern und Nordrhein–Westfalen 2008 mit ihrem Vorstoß durchsetzen können, die Regionalisierungsmittel unter den Bundesländern künftig nach der Einwohnerzahl zu verteilen und nicht nach der Flächengröße. Einwohnerstarken Ländern im Westen ist ein Dorn im Auge, dass Brandenburg je Einwohner gerechnet mit Abstand die höchsten Regionalisierungsmittel erhält – nämlich 156 Euro, Nordrhein-Westfalen erhält je Einwohner 61 Euro.

Ein Verteilerschlüssel nach der Einwohnerzahl hätte für das dünn besiedelte Flächenland Brandenburg eine Halbierung der Bundesmittel zur Folge, prophezeite Franz. „Wir müssten ganze Landstriche wie die Prignitz, die Uckermark und die Lausitz vom Schienenverkehr abkoppeln“. SPD-Fraktionschef Gunter Baaske warnte vor einer Benachteiligung Ostdeutschlands, wo viele Menschen auf das Pendeln zu weit entfernten Jobs angewiesen sind. Auch arbeitsmarktpolitisch wären Einschränkungen im Nahverkehr, und eine weitere Ausdünnung der Netze nicht zu verantworten.

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