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Brandenburg: Kein Regress gegen Wowereit und Platzeck

Nach Rechnungshofrüge mauern Berlin, Brandenburg und der Bund – bei der Aufsichtsratshaftung und bei den Flughafengremien

Stand:

Potsdam - Der frühere BER-Aufsichtsrat mit den Ex-Regierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) wird wegen des Fiaskos um den unvollendeten Hauptstadtflughafen nicht in Regress genommen. Trotz einer aktuellen Empfehlung des brandenburgischen Rechnungshofs wollen Berlin und Brandenburg die Haftungsprüfung gegen das frühere Kontrollgremium nicht neu aufrollen. Das erklärten die Senatskanzlei von Berlins Regierendem Michael Müller und die Potsdamer Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) am Dienstag auf PNN-Anfrage.

Brandenburgs Regierungssprecher Andreas Beese verwies darauf, dass 2013 eine Anwaltskanzlei das Agieren des Aufsichtsrates vor der 2012 kurzfristig abgesagten BER-Eröffnung untersucht und keine Pflichtverletzungen festgestellt habe. Das Ergebnis sei damals von den drei Gesellschaftern einvernehmlich als fundiert und belastbar bewertet worden. „Die Gesellschafter haben danach keine neuen Erkenntnisse erhalten, die eine andere Bewertung oder eine erneute Überprüfung angezeigt erscheinen lassen. Aktuellen Handlungsbedarf gibt es deshalb nicht.“ Senatssprecherin Daniela Augenstein sagte: „Für eine neue Haftungsprüfung liegen dem Land Berlin zur Zeit keine Anhaltspunkte vor.“

Dabei liegt der von dieser Zeitung publik gemachte Rechnungshofbericht vor, der von den Eigentümern nicht abgestellte Fehlentwicklungen am BER und das alte Verfahren zur Überprüfung der Aufsichtsräte als zu lax kritisiert. Es habe „formale und inhaltliche Mängel“ gegeben, die Kanzlei lediglich Aufsichtsräte selbst befragt, „auftragsgemäß“ keine eigenen Ermittlungen durchgeführt.

Auch bei den anderen Rügen im 400-Seiten-Bericht der Finanzkontrollbehörde sieht es nach PNN-Recherchen nicht danach aus, dass sich die BER-Eigentümer auf eine Korrektur der Organisationsdefizite und Versäumnisse bei der Steuerung und Überwachung des Milliardenprojekts einigen können und wollen. Wie bereits der Bundesrechnungshof hatten nun die Potsdamer Prüfer bemängelt, dass sich der Aufsichtsrat entgegen früheren Ankündigungen kein externes, von der Flughafengesellschaft unabhängiges Kontrollinstrument geschaffen hat. Vor allem aber hat der Rechnungshof eine Fehlkonstruktion der Flughafengesellschaft gerügt, nämlich die Randrolle der vernachlässigten Gesellschafterversammlung, obwohl die das höchste Gremium ist. Ursache ist aus Sicht des Rechnungshofes die Politikerdominanz im Aufsichtsrat, der wie zu Wowereits Zeiten nun mit Michael Müller vom Berliner Regierungschef geführt wird. Wird das nun doch noch geändert?

Brandenburg spielt den Ball prompt nach Berlin und zum Bund. Das Land habe seine Spitzen-Politiker bereits aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen, die „Brandenburger Aufsichtsrats-Bank – Staatssekretäre und externe Experten – entspreche exakt den Erkenntnissen des Rechnungshofes. Die weitere Ertüchtigung der Gremien sei eine Aufgabe aller drei Gesellschafter gemeinsam, sagte Beese. „Brandenburg ist dazu bereit.“ Berlin wiederum hält zum einen politische Mandatsträger im Aufsichtsrat – vertreten sind Müller als Chef und Senator Frank Henkel – weiter grundsätzlich für „sachgerecht“. Vor allem erinnert Berlin daran, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nicht bereit gewesen sei, mit Müller und Woidke in eine so gestärkte Gesellschaftersammlung zu gehen. „Weil es diese Bereitschaft bisher nicht gibt, war es umso wichtiger, die politische Verantwortung im Aufsichtsrat zu übernehmen.“ Das Dobrindt-Ministerium taucht gleich ab, beantwortete Fragen gar nicht erst: „Der Bericht des Landesrechnungshofs Brandenburg liegt dem Bund nicht vor.“ Er wird bald im Detail öffentlich. Der Haushaltskontrollausschuss des Landtages hat das brisante Dokument jetzt angefordert.

nbsp;Thorsten Metzner

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