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Brandenburg: Kein Vertrauen mehr in Schwarz
Bundesverkehrsministerium erhebt neue Vorwürfe gegen den BER-Geschäftsführer
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Potsdam/Berlin - Wenige Tage vor der Sitzung des BER-Aufsichtsrats spitzt sich der Konflikt zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Rainer Schwarz, weiter zu. Michael Odenwald, Staatssekretär im Verkehrsministerium und Chef der dort eingerichteten BER-Sonderkommission, äußerte erneut starke Zweifel an der Darstellung von Schwarz zu den Vorgängen im Frühjahr 2012 – in den Wochen und Monaten vor der geplatzten Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens in Schönefeld. Zudem stellt er eine Weiterbeschäftigung von Schwarz grundsätzlich infrage: Dessen Verhalten sei „kein Beleg für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter Bund“.
Das Bundesverkehrsministerium wirft Schwarz vor, den Aufsichtsrat im April wissentlich nicht über Warnungen informiert zu haben, wonach die Eröffnung Anfang Juni nicht nur wegen der nicht funktionierenden Brandschutzanlage zu halten sei. Drei Wochen nach dieser Sitzung damals platzte der Termin.
Der Streit zwischen Bund und Schwarz dreht sich um folgenden Hergang: Die Unternehmensberater von McKinsey undSpezialisten des Münchner Flughafens warnten Mitte März davor, dass die Inbetriebnahme des Flughafens im Juni absolut nicht machbar ist – schlicht weil der Probebetrieb wegen anhaltenden Bauarbeiten nicht möglich ist. Beide wollten den Eröffnungstermin aus operativen Gründen nicht mehr mittragen. Das aber hätte nach Ansicht der BER-Soko dem Aufsichtsrat unverzüglich und vollständig mitgeteilt werden müssen. Stattdessen habe Schwarz den Aufsichtsrat getäuscht.
Nach jener Warnung bat Schwarz Aufsichtsratschef und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eilig um einen Termin. Am 30. März kamen Schwarz und der nach der geplatzten Eröffnung entlassene Technik-Chef Manfred Körtgen und Wowereit zu einem Krisentreffen zusammen. Schwarz hat die Probleme mit der Inbetriebnahme angesprochen, nur in welcher Form, das ist unklar. Schwarz hielt jedenfalls an der Eröffnung fest und berief sich auf ein Treffen vom 1. März mit Vertretern der Finanzressorts des Bundes, Berlins und Brandenburgs, die als Bürger die Kosten kontrollieren. „Die Prozessbeteiligten auf Flughafenseite waren damals der Ansicht, dass der Eröffnungstermin mit zusätzlichen Maßnahmen realisierbar ist“, sagt ein Flughafensprecher dazu heute. Diese Maßnahmen wurden dann drei Wochen später vom Aufsichtsrat beschlossen: ein zusätzliches Check-in-Zelt und die Einstellung von 750 Leuten als Türöffner. Senatssprecher Richard Meng sagt: „Allen Gesprächen im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung im April 2012 lag die Einschätzung der Flughafen-Geschäftsführung zugrunde, dass der damals geplante Eröffnungstermin zu halten sein würde.“
Angesichts der massiven Kritik des Bundes versuchte Schwarz in der vergangenen Woche in der FAZ damit gegenzuhalten, dass es ein zweites McKinsey-Schreiben von Mitte April gebe. Dieses bescheinige, dass der Termin trotz der kritischen Punkte gehalten werden könnte – „wenn wir an einer Reihe von Punkten hart arbeiten“. Schwarz meint die sogenannten Endspurtmaßnahmen.
Dieser Darstellung widerspricht das Bundesverkehrsministerium in einem Schreiben an Schwarz nun vehement. Laut Staatssekretär Odenwald stellt sich „die Situation und die Bewertung durch die Soko BER jedoch völlig anders dar“. Demnach habe McKinsey am 13. April, eine Woche vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung, erneut vor unvorhersehbaren Inbetriebnahmerisiken und der Unmöglichkeit einer reibungslosen Inbetriebnahme gewarnt. Denn es habe einen nicht mehr aufholbaren Rückstand auf der Baustelle von vier Monaten gegeben.
Wegen dieser Vorgänge liefern sich jetzt im Vorfeld der Aufsichtsratsitzung am Donnerstag die Gesellschafter harte Auseinandersetzungen um die Zukunft des BER-Geschäftsführers. Auf der einen Seite steht der Bund, der mit der BER-Sonderkommission das Debakel aufarbeiten will und auf eine Abberufung von Schwarz drängt. Auf der anderen Seite sind mit jeweils 37 Prozent der Anteile Berlin und Brandenburg, die an Schwarz festhalten, weil jetzt alles daran gesetzt werden müsse, dem Flughafenprojekt zum Erfolg zu verhelfen. Und Schwarz’ Entlassung würde weitere Verzögerungen nach sich ziehen. Zudem werfen sie beiden Landesregierungen und dem von Peter Ramsauer (CSU) geführten Bundesverkehrsministerium parteipolitische Motive vor. Tatsächlich geht es bei dem Poker zwischen dem Bund und den SPD-geführten Landesregierungen ums Geld. Vor allem die FDP im Bundestag, aber auch die Union machen den anteiligen Zuschuss des Bundes von 312 Millionen Euro für die Mehrausgaben am BER von 1,2 Milliarden Euro, die durch die geplatzte Eröffnung und Baukosten auflaufen, von der Abberufung von Schwarz abhängig.
Für Donnerstag steht noch nichts auf der Tagesordnung des Aufsichtsrates zur Personalie Schwarz, es geht um Finanzierungsfragen, den Bau und die Maßnahmen, um den ohnehin schon an der Belastungsgrenze arbeitenden Flughafen Tegel fit für den Winter zu machen. Die von der BER-Soko zusammengetragenen Vorwürfe will das Bundesverkehrsministerium auf jeden Fall zur Sprache bringen. Schwarz selbst sagte der FAZ: „Im Nachhinein kann man natürlich sagen, wir hatten zu vielOptimismus und zu wenig Realitätssinn. Aber wir hatten ein Jahr hinter uns, in dem an jedem Tag ein neues Problem zu managen war. Und wir dachten, wir können auch diese bewältigen.“
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