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Von Thorsten Metzner: Kein Vorstoß für Turbo-Prozesse

Potsdams Kabinett berät CCS-Entwurf des Bundes: Christoffers rudert mit Klageverkürzung zurück

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Potsdam - Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) ist zum Einlenken gezwungen: Brandenburgs rot-rote Regierung wird nach PNN-Informationen kurzfristig keinen Vorstoß beim Bund unternehmen, um umstrittene, vom Vattenfall-Konzern geplante Kohlendioxid-Endlagerstätten für Lausitzer Braunkohlekraftwerke schneller gegen Widerstände der Bevölkerung durchzusetzen. Dafür hatte sich Christoffers zum Entsetzen seiner Parteifreunde jetzt stark gemacht, sogar bereits (wie berichtet) eine Bundesratsinitiative des Landes abgekündigt, da er das geplante Vattenfall-Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde für die sogenannte CCS-Technologie (Investitionsvolumen: 1,5 Milliarden Euro) sonst in Gefahr sieht – wegen Zeitverzug.

Nun will sich das Potsdamer Kabinett am heutigen Dienstag zwar erstmals mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur CCS-Technologie, also der geplanten unterirdischen Lagerung von Treibhausgasen, befassen. Aber Beschlüsse sind, so vermint ist das Terrain, gar nicht erst vorgesehen. Der Ball liege beim Bund, hieß es. Und die den PNN vorliegende interne Regierungs-Vorlage von Christoffers und Umweltministerin Anita Tack (beide Linke), in der die Problemlagen beschrieben werden, enthält auch keinen Hinweis auf eine geplante Bundesratsinitiative. Die bisherige dezidierte Forderung von Christoffers, für Klagen gegen CCS-Endlager den Weg von bisher drei auf zwei Gerichts-Instanzen zu verkürzen, findet sich in der „Besprechungsunterlage“ allenfalls als vage Andeutung. Dem Vernehmen hätte Tack sonst das federführend im Wirtschaftsministerium gefertigte Papier auch nicht mitgezeichnet.

Christoffers war mit der Instanzen-Verkürzung selbst in der eigenen Partei auf strikte Ablehnung gestoßen. Landtags- und Bundestagsfraktion gingen, ein Novum, offen auf Distanz. Zwar stellte sich Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) öffentlich hinter das Anliegen. Aber intern war auch Platzeck dem Vernehmen nach verärgert über das politisch ungeschickte Agieren des Ministers, der selbst Vattenfall mit seiner Forderung nach Entschärfung des Bundesgesetzes zuvor gekommen war.

Christoffers hatte den Vorstoß damit begründet, dass das von der EU geförderte CCS-Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde sonst zum Scheitern verurteilt sei. Die zugesagten EU-Fördergelder von 180 Millionen Euro fließen nämlich nur, wenn die Anlagen bis 2015 in Betrieb gehen – was immer zweifelhafter wird. An dem Problem hat sich nichts geändert. In der Vorlage heißt es dazu, dass nach dem aktuellen Entwurf der Bundesregierung die „CO2-Injektion“ erst begonnen werden könne, „wenn der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist.“ Allein für das Planfeststellungsverfahren sei jedoch ein Zeitraum von dreieinhalb bis fünf Jahren realistisch – und das vor den erst danach folgenden Gerichtsverfahren in drei Instanzen. Es folgt der allgemeine Hinweis, dass bei neuen Energieleitungen, Eisenbahnstrecken, Bundesstraßen und Atomanlagen seit 1990 nur zwei Instanzen vorgesehen sind, mit dem Ziel, „auf möglichst effizientem Weg Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erreichen.“ Mehr nicht.

Allerdings wächst zum einen auch klimapolitisch der Druck. Denn, so das Regierungspapier, „drei Viertel aller Treibhausgas-Emissionen Brandenburgs stammen aus den Vattenfall-Kraftwerken Schwarze Pumpe und Jänschwalde“. Andererseits wartet Brandenburg mit Spannung auf das für Herbst angekündigte Energiekonzept der Bundesregierung. „Bislang ist völlig offen, welchen Stellenwert die Braunkohle im Energiemix und CCS darin haben werden“, heißt es in der Kabinettsvorlage. „Es steht zu befürchten, dass dieses Thema zur Verhandlungsmasse im Zusammenhang mit der beabsichtigten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke wird.“

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