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RECHTSEXTREMISMUS: Keine Spuren des NSU-Terrors in Brandenburg
Jetzt steht fest: In Brandenburg hat die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) keine Straftaten begangen.
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In der Debatte um das Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall der NSU aber wehrt sich Innenminister Dietmar Woidke (SPD) gegen Überlegungen aus Thüringen und Sachsen, die Verfassungsschutzämter der Länder zu größeren Einheiten zusammenzulegen.
In den ersten Wochen, nachdem die Zwickauer Zelle Mitte November aufgeflogen war, waren die Sorgen vor bislang nicht entdeckten Ermittlungspannen bei rechtsextremen Gewalttaten und Anschlägen, aber auch möglichen Verbindungen hiesiger Rechtsextremisten zur Zwickauer Neonazi-Gruppe von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt groß. Sie sollen insgesamt zehn Morde an türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer sowie an einer Polizistin verübt haben. Für Brandenburg aber bleibt es bei rein persönlichen Kontakten zwischen den Neonazis: Lediglich der sächsische Neonazi und NSU-Unterstützer André E hatte Verbindungen nach Brandenburg. Er war bei seinem Bruder Maik E., einem führenden Rechtsextremisten in Brandenburg, in Grabow (Potsdam-Mittelmark) untergetaucht und dort Ende November festgenommen worden. Ansonsten blieb die Prüfung alter Kriminalfälle auf das NSU-Raster ohne Treffer. Der Aktencheck erfolgte nach bundesweit einheitlich abgestimmten Kriterien, zahlreiche Tatbestände wurden geprüft, darunter Tötungs- und Raubdelikte. „Hierzu wurden zum Teil Verfahrensakten bei der jeweiligen Staatsanwaltschaft angefordert, um ergänzend zu den in den polizeilichen Systemen gespeicherten Daten die Sachverhalte intensiv auswerten zu können“, hieß es aus dem Innenministerium. „Dabei wurden keine relevanten Altfälle festgestellt. Auch bei der Überprüfung von Raubdelikten an Geldinstituten ergaben sich keine relevanten Altfälle.“
Allerdings forderte nun Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) die Zusammenlegung von Verfassungsschutzämtern, die der engen Führung der Innenministerien und der parlamentarischen Kontrolle unterstellt werden müssten. Auch in Sachsen und in der Bundesregierung fand der Vorschlag Anklang. Allerdings stehen die Verfassungsschutzbehörden des Bundes, Thüringens und Sachsens wegen Pannen bei den Ermittlungen gegen die Zwickauer Zelle und wegen der Aktenvernichtung unter Druck. Mehrere ranghohe Verfassungsschützer mussten ihren Hut nehmen. Brandenburgs Innenminister Woidke (SPD) ging wohl auch deshalb auf Abstand zu Lieberknechts Vorschlag. „Solche einschneidenden Organisationsdebatten halte ich für verfrüht“, sagte er. Nötig sei zunächst eine präzise Auswertung der Pannen. „Solange da nichts Abschließendes auf dem Tisch liegt, halte ich nichts von festgelegten Strukturdiskussionen“, sagte Woidke. „Unsere Erfahrungen in Brandenburg sprechen in jedem Fall für eine leistungsfähige, transparente Landes-Verfassungsschutzbehörde mit klarer parlamentarischer Kontrolle.“ Bei länderübergreifenden Verfassungsschutzämtern zeigt sich Woidke skeptisch und warnte vor Kontrollverlusten. Nötig sei ein „Umdenken, was das Selbstverständnis des Verfassungsschutzes als Nachrichtendienst betrifft, der in der Gesellschaft frühzeitig über Ziele, Taktik und Aktionen des Extremismuslagers informiert“.
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