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Entdeckt den Punk in sich. Alexander Gauland, AfD-Fraktionchef im Brandenburger Landtag, provoziert gern, beleidigt Polizisten und findet, Verbote kann man auch mal brechen.

© Ralf Hirschberger/dpa

Brandenburg: Knallcharge

AfD-Chef Alexander Gauland, der sonst Law and Order betont, beleidigt Polizisten nach Falschparken

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Potsdam - Am Ende eilt Alexander Gauland im Landtag doch noch mal zum Rednerpult. Zu einem Zeitpunkt freilich, als ihn auch die Meldungen aus Berlin erreicht haben müssen, dass man selbst in der AfD-Bundesspitze inzwischen auf Distanz zu ihm geht, dort längst Papiere mit allgemeinen Mäßigungsempfehlungen an die Partei kursieren, bei denen nur einer gemeint ist: Er, Alexander Gauland, 75 Jahre, der Vize-Bundesvorsitzende aus Brandenburg, wo er Fraktion und Landesverband der Rechtsaußenpartei führt, und zum Entsetzen selbst der eigenen Leute in immer kürzeren Abständen mit Provokationen, Entgleisungen und Fehltritten auffällt: Der Angela Merkel auf einer Kundgebung als „Kanzlerin-Diktatorin“ bezeichnete, dies bestritt, live im Fernsehen der Lüge überführt wurde, dann kam die Sache mit dem Fußballspieler Jérôme Boateng und den Nachbarn. Nun hatte er, der wie die AfD Law and Order predigt, nach einem Knöllchen an seinem falsch geparkten Jaguar vor dem Landtag am Alten Markt in Potsdam Verkehrspolizisten als „Knallchargen“ („Bild“-Zeitung) tituliert, was er an diesem Freitag im Landtag auch lange, lange nicht zurücknehmen wollte.

Am Ende tut er es doch. Und wieder einmal will Alexander Gauland, wie so oft in jüngster Zeit, nur falsch verstanden worden sein. Es sei jedem schon mal passiert, dass er sich über eine Verkehrskontrolle geärgert habe, sagte er. „Es war nicht meine Absicht, Brandenburger Polizisten zu beleidigen“, sagte er. „Ich möchte mich ausdrücklich dafür entschuldigen.“ Freilich, keine halbe Stunde vor der Kapitulation hatte Gauland im Landtag noch so geklungen, mit einem Ultimatum: Er sei erst bereit, sich bei einem Polizisten zu entschuldigen, wenn auch die Bundeskanzlerin ihre Politik der Öffnung der Grenzen zurücknehme, und SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Pack-Vorwürfe. Es waren Sätze, bei denen selbst Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) die Contenance verlor, sich von seinem Platz auf der Regierungsbank zunächst ein lautstarkes Wortgefecht mit Gauland lieferte und dann von dem AfD-Frontmann eine Entschuldigung forderte. „Diese Äußerung ist geeignet, das Ansehen des Hohen Hauses zu schädigen“, sagte Woidke. „Ich kann Herrn Gauland nur dringend bitten, sich bei der Polizei und bei jeder einzelnen Polizistin und jedem einzelnen Polizisten zu entschuldigen.“

Aber in Wirklichkeit sind in den Reihen außerhalb der AfD alle ganz froh, wie sich in der Landtagsdebatte zeigt, dass Gauland diese Vorlage lieferte, ja immer mehr zum Risiko für seine AfD wird. Albrecht Gerber, der SPD-Wirtschaftsminister spricht es aus: Man müsse ihm dankbar sein. „Es zeigt seine Haltung, dass man sich als Jaguar fahrende Elite nicht an Recht und Gesetz zu halten braucht.“ 

Wörtlich hatte Gauland der „Bild“-Zeitung gesagt: „Dann steht immer so 'ne Knallcharge mit Blitzergerät rum. Nur weil Sie nicht rechtzeitig von 100 auf 80 runtergegangen sind, haben Sie schon einen Punkt.“ Auch mit Parkverboten nehme er es nicht so genau. „Parkverbote finde ich lässlich. Die kann man auch brechen.“ Mit seinen Bemerkungen habe Gauland das Verhältnis der AfD zur Polizei in Deutschland in aller Deutlichkeit klargestellt, sagte dazu Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) in einer offiziellen Presseerklärung des Innenministeriums. „Man kann Herrn Gauland nicht vorwerfen, er sei kein Mann klarer Worte.“ Als Dienstherr der Polizei wies Schröter diese „unwürdige Entgleisung“ zurück. Die Beamten des Verkehrsdienstes erfüllten ihre Aufgabe „in einem Bundesland, das leider jährlich eine besonders hohe Zahl von Verkehrstoten infolge von Raserei oder Trunkenheit zu beklagen hat“. Und, so Schröter: „Recht und Gesetz gelten in Deutschland für alle.“ Und der Bezirksvorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Axel Bonitz, erklärte am Freitag am Rande einer Pressekonferenz im Landtag: „Bei Gauland gibt es nun hoffentlich das gleiche Prozedere, wie bei jedem anderen – er wird den Tatbestand der Beamtenbeleidigung erfüllen.“

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