zum Hauptinhalt
Friederike Benda, BSW-Chefin in Brandenburg

© dpa/Soeren Stache

„Koalitionspartnern in den Hintern treten“ : Friederike Benda führt jetzt die Wagenknecht-Partei in Brandenburg

Führungswechsel beim BSW in Brandenburg: Mit der neuen Vorsitzenden erhofft sich ihr Vorgänger Crumbach mehr Druck auf den Regierungspartner SPD. Von der AfD distanziert sich Benda.

Stand:

Führungswechsel bei der Wagenknecht-Partei in Brandenburg – und Rückendeckung von der Basis und der Bundesspitze für das Regieren: In Brandenburg ist die Vize-Bundesvorsitzende und Wagenknecht-Vertraute Friederike Benda nun neue Parteichefin des BSW. „Brandenburg ist BSW-Land“, erklärte die 38-Jährige am Samstag auf dem Wahlparteitag in Kleinmachnow.

Dort setzte sich Benda in einer Kampfabstimmung um die Nachfolge des bisherigen BSW-Chefs, des Finanzministers Robert Crumbach, mit einem 77-Prozent-Votum gegen den Landwirt Vinzenz Lorenz aus Elbe-Elster durch. Für Benda votierten 106, für Lorenz 30 der stimmberechtigten Mitglieder. Benda kündigte einen selbstbewussten Kurs der Wagenknecht-Partei in der Regierungskoalition an.

„Wir etablieren uns durch eigene Stärke, niemals durch Anpassung“, erklärte Benda. „Wir sind Gegenmacht. Wir sind kein Spielball. Wir sind die Kraft, die sich in einer Regierung nicht vergisst.“ Und: „Lasst uns denen da oben zeigen, dass die da unten zurück sind.“ Zugleich betonte Benda: „Wir sind ein sehr gutes Korrektiv für den Koalitionspartner.“ Das BSW werde bekämpft, „durch Ausgrenzung und durch Umarmung“.

Lorenz, ein Landwirt aus Elbe-Elster und früher bei den Linken aktiv, hatte in seiner Rede eine bessere Einbindung der Basis gefordert und die ungenügende Kommunikation zwischen Führung und Mitgliedern kritisiert. „Wir sind enttäuscht.“ Die neun Prozent, die die Partei bei der Bundestagswahl in Brandenburg geholt habe, seien das bisher schlechteste Ergebnis im Land.

Keine Debatte über Doppelspitze

Zuvor war ein Vorstoß für eine Doppelspitze gescheitert, wie es sie in den meisten BSW-Landesverbänden und auf Bundesebene mittlerweile gibt. Eine Debatte darüber wurde unter Verweis auf eine unleserliche Unterschrift abgelehnt.

Anders als Vorgänger Robert Crumbach, der die Partei aufbaute, Vize-Ministerpräsident und Finanzminister bleibt, ist die neue BSW-Chefin nicht in die Kabinettsdisziplin der rot-lila Regierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eingebunden. Diese Freiheit war schon ihrer Bewerbungsrede anzumerken, auch in den Aussagen zur Sicherheitspolitik. Gerade Brandenburg werde das Aufmarschgebiet in einem Krieg sein, der herbeigeredet und durch Aufrüstung riskiert werde, sagte Benda. „Die Frage Krieg oder Frieden geht gerade in Brandenburg sehr wohl etwas an.“ Offen gab Benda zu, dass die Regierungsbeteiligungen in Thüringen und Brandenburg „viele Wähler enttäuscht“ hätten. „Das müssen wir ernst nehmen.“

Anders als in Thüringen gibt es keine offenen Konflikte zwischen dem Brandenburger Verband und der Bundesspitze um Wagenknecht, die den Kurs des BSW als Regierungspartei im Land mitträgt. „Ihr liefert hier in Brandenburg!“, erklärte die Co-Bundesvorsitzende Amira Mohamed Ali. „Wir sind stolz, was ihr für gute Arbeit leistet.“

Crumbach wiederum betonte, dass es engste Abstimmungen mit Wagenknecht und der engeren Parteispitze gebe, dass „kein Blatt Papier zwischen uns passt“. Man habe sich immer eng abgestimmt und werde das weiter tun. Auch Crumbach richtete eine selbstbewusste Botschaft an die Adresse der SPD unter Regierungschef Dietmar Woidke (SPD): „Auch unseren Koalitionspartnern muss man, salopp gesagt, manchmal in den Hintern treten, damit sie das Richtige erkennen und es dann auch tun.“

Zugleich schlug Crumbach, der mit stehenden Ovationen verabschiedet wurde, selbstkritische Töne an. „Natürlich machen wir Fehler.“ Konkret nannte er die Bildungspolitik. Auch er persönlich habe zu verantworten und zugelassen, dass die Debatte um eine Mehrstunde für Lehrer in Brandenburg alles überlagert habe, wie er sagte. „Das war nicht gut.“ Er werde ein Augenmerk darauf legen, „dass die Schulen zum Ende der Legislatur besser dastehen als vorher“. Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) habe dafür einen Plan, habe das richtige Konzept, „wir müssen erreichen, dass er in Ruhe arbeiten kann“.

Mitgliederkarten beim BSW-Parteitag in Brandenburg. Das Wagenknecht-Bündnis will in Brandenburg schnell wachsen.

© dpa/Soeren Stache

Eine klare Absage auf dem Parteitag gab es für eine Annäherung von BSW und AfD, über die nach Gesprächen in Thüringen auf Bundesebene spekuliert wird. Die neue BSW-Chefin Benda distanzierte sich von der AfD, „die harte Nazis in den eigenen Reihen toleriert“. Gleichwohl dürfe man nicht ignorieren, dass ein Drittel der Wähler in Brandenburg diese Partei wählen, weshalb andere Wege nötig seien. „Die sogenannte Brandmauer und Verbotsdebatten machen die AfD immer größer“, sagte Benda.

Auch Crumbach wandte sich gegen Reflex-Abgrenzung. Er verwies darauf, dass das BSW einen AfD-Landtagsvizepräsidenten im Parlament durchgesetzt habe, der der Partei nach der Fraktionsstärke zustehe. Er bescheinigte der AfD, Missstände zu benennen. „Aber es fehlt jedwede Problemlösungskompetenz.“

Das BSW, das in Brandenburg im Frühjahr 2024 gegründet worden war und rund 1600 registrierte Unterstützer zählt, hat mittlerweile 180 Mitglieder – und will wachsen. Jede Aufnahme erfolgt nach wie vor über die Bundesspitze, die laut Mohamed Ali die restriktive Aufnahmepraxis beendet hat und bis Jahresende alle Anträge entschieden haben will.

Nach dem Parteitag in Kleinmachnow soll der Parteiaufbau in Brandenburg forciert werden. Benda kündigte die zügige Gründung von 18 Kreisverbänden, Landesarbeitsgemeinschaften und einer Jugendorganisation an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })